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Erstes Kapitel: Tschingis Chaans (
Dschingis Khan, Chinggis Khaan, Genghis Khan )
Vorfahren
und seine Kindheit
info: Uiguren
Uiguren
(auch: Uyghuren, Uighuren etc.; Eigenbezeichnung: Uyghur, ئۇيغۇر;
chin. 维吾尔族, Wéiwú'ěrzú) bilden das größte Turkvolk im chinesischen
Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang, auch Uiguristan oder
Ostturkestan genannt. In chinesischen Chroniken erscheinen die
Uiguren unter verschiedenen Namen. Am bekanntesten sind: Huihe, Huihu,
Weiwu und Chunwei. Namensbedeutung Erste
Stammesnamen der späteren Uiguren wurden schon bei den Xiongnu erwähnt,
als diese die Gebiete des heutigen südlichen Xinjiang und des heutigen
Gansu unterwarfen. Die Uiguren sind ursprünglich mongolider bzw.
turkvölkischer Herkunft. Der Volksname setzt sich aus dem alttürkischen
Wörtern uy = folgen, gehorsam und ghur zusammen. Es ist also eine
Verballhornung des Namens Uy(o)ghur ⇔ Uy-Ogur ⇔ gehorsamer, folgsamer
Ogure. Eine andere Bedeutung des Namens könnte sich auch von der
Tatsache ableiten, dass die Uiguren als erstes Turkvolk Städte
errichteten und bedeutenden Handel trieben (türkisch: uygar). Nach
anderer Meinung leitet sich das türkische Wort „uygar“ vom Volksnamen
„Uygur“ ab. Verbreitung Rund
drei Viertel aller Uiguren weltweit leben in China, kleinere Gruppen
sind auch in Kasachstan und Kirgisistan bedeutend. Zentrum der
uigurischen Diaspora in Europa ist München mit 500 Angehörigen. Nach
der Volkszählung im Jahr 1990 leben in der Volksrepublik China
7.214.431 Uiguren, davon 99,73% im Uigurischen Autonomen Gebiet
Xinjiang. Weitere 5.739 leben in Hunan, 2.021 in Beijing (Peking). Im
Jahre 1990 dienten 4.756 Uiguren in der Volksbefreiungsarmee als
Soldaten und Offiziere. Laut Volkszählung gab es in China im Jahre 2000
8.399.400 Uiguren. Im Jahre 2003 gab es nach chinesischen Angaben
8.823.500 Uiguren in Xinjiang. Im Jahre 1953 gab es 4,54 Millionen
Angehörige nationaler Minderheiten in Xinjiang. Laut der Volkszählung
aus diesem Jahr zählte man davon 3,64 Millionen zu den Uiguren.[1] Etwa
300.000 Uiguren (so genannte Ili-Türken) leben in Kasachstan. Kleinere
Minderheiten gibt es in der Mongolei, in der Türkei, in Afghanistan und
weiteren Teilen Zentralasiens. Nennenswerte Gruppen leben auch in
Deutschland, Pakistan, Indonesien, Australien, Taiwan und Saudi-Arabien. Sprache und Religion Die
Muttersprache der Uiguren ist die zur Familie der Turksprachen
gehörende uigurische Sprache, die heute (von der Volksrepublik
gefördert) mit einem modifizierten persischen Alphabet geschrieben
wird, das seinerseits aus der arabischen Schrift abgeleitet ist. Die
Mehrheit der Uiguren gehört dem sunnitischen Islam hanafitischer
Rechtsschule an. Geschichte Aufstieg Herausgebildet
hat sich das eigentliche Uiguren-Volk seit dem 4./5. Jahrhundert aus
der Verschmelzung früherer turko-mongolischer Gruppen: Die Huihe (回紇
huíhé) und die Tie'le-Gemeinschaft werden unter anderem genannt.[2] Chinesische
Quellen bezeichneten die Uiguren auch als Jiuxing, als Neun Stämme.
Dieses ist wahrscheinlich als eine Übernahme des Ethnonyms Toquz Oguz
(Neun Stammesverwandte) aus muslimischen Quellen anzusehen, welche die
Uiguren so bezeichneten.[3] Die Uiguren waren ursprünglich im Orchon-
und Selengatal ansässig. Dort hatten sie die Sekiz-Oghusen im Osten und
die Dokuz-Oghusen im Norden und Nordwesten zu Nachbarn. Erster
geschichtlich belegter Herrscher war Ay Uzhru (reg. 487-508). Er stand
dem Yaghlaqar-Klan vor, der die Oberherrschaft über die neun übrigen
Klans ausübte und mit dem alten Xiongnu-Klan Aschina eng verwandt war. In
der Regierungszeit des Begchi (reg. 537-41) fielen 541 auch die Uiguren
unter die Herrschaft der Rouran. Der Göktürken-Herrscher Bumin/Tuman
schloss die Uiguren 546/550 gewaltsam an sein entstehendes Großreich
an. Im Jahr 605 wurde das Reich der Orchon-Uiguren gegründet, als sich
Shigan-Sygin formal von den Göktürken unabhängig machte. 681 wurde ihr
Herrscher Toghuchi von den Göktürken unterworfen und die Orchon-Uiguren
kehrten in den Reichsverband zurück. Das Großreich der Uiguren Unter
Iltimis Kutluq Bilge-Kül erhoben sich 744-45 die Uiguren gegen die
Göktürken und erschufen in einer Abfolge lokaler Konflikte ein neues
Großreich in der heutigen Mongolei (745-840). In diesem übten sie eine
Art Oberherrschaft über benachbarte und engverwandte Gruppen wie
Basmil, Karluken, Turgesh, Oghusen, Tataren, Kitan und Kirgisen aus,
oder zwangen diese bei Widerstand zur Abwanderung. Man verzeichnete
Ackerbau und einige Städte bis hinein nach Tannu-Tuwa. Schließlich
herrschten die Uiguren über neun Stämme, die den Osttürken angehörten.
Als erstes Zentrum ihrer Macht hatten die Uiguren Char balgas (auch
Kara Balgasun oder Karabalgasun) zur Hauptstadt. Die eigentlichen
Uiguren wurden von den folgenden Stämmen gebildet, von denen
größtenteils auch die chinesischen Bezeichnungen bekannt sind[4]:
- Uange
- Uturqar - Hu-tu-ko
- Kürebir - Hu oder Kiu-lo-vo
- Bagasıgır - Mo-ko-si-ki
- Elbirçek oder Albyrçak? - A-vu-chö
- Yagmar - Hu-vu-su oder Yo-vu-ku
- Ayvarir - Hu-ye-vu (verschiedene Oghusen-Emire)
- Bayegu, Pugu oder Buku - P'u-ku
- Hun - Qun
- Bayırku - Pa-ye-ku
- Tongra - T'ung-h
- Sıqar - Sse-kie
- Po-si oder Si? - K'i-pi oder A-pu-sse
- Ediz - K-vu-ku oder A-ti
Bereits
unter den Söhnen Iltemis (Bilge-Kül [reg. 747-59] und Tengri [reg.
759-79]) wurde das Reich alten Traditionen entsprechend geteilt. Die
Hauptstadt der Osthälfte war das mongolische Char balgas, das sich am
Ostufer des Orchon befand. Dessen Ruinen sind zwischenzeitlich
ausgegraben und durch eine zwölf Meter hohe Festungsmauer berühmt
geworden. Dort lebten damals bis zu 100 000 Menschen. Als Hauptstadt
des Westreiches galt Tofar. Vor allem unter Bilge-Kül erreichte das
junge Uigurenreich seine größte Macht. Dessen Söldnerdienste für die
(vom An-Lushan-Aufstand) erschütterte Tang-Dynastie führten dazu, dass
Tengri 762 nach China kam und dort, mit dem Großteil des Adels, zum
Manichäismus übertrat. Aber auch die Assyrische Kirche und der
Buddhismus breiteten sich im Reich aus. Dadurch wurde es den Uiguren
ermöglicht, den Handel mit dem christlichen Morgenland auszubauen. Sie
übernahmen nun die syrisch-aramäische Schrift und bildeten in der
Folgezeit ein bedeutendes Schrifttum aus, wie zum Beispiel das Werk
Kutadgu Bilik des Yusuf Has Haaib, das in den Jahren 1069 bis 1070
entstand. Der Handel und die Religion wurde bei den Uiguren
gepflegt, das Kriegshandwerk jedoch weniger: Eine Besonderheit des
uigurischen Staates war, dass der Khagan und dessen Stellvertreter, der
Shad oder Schad (türkisch: Şad), dem staatstragenden Volk der Soghder
entstammten. Dadurch wirkte das Uigurenreich nicht so diktatorisch wie
all seine Vorgängerreiche. Doch Teile des Adels waren mit der
Politik der Soghder nicht einverstanden. So kam es unter der Führung
des Tun Baga Tarkhan zum Aufstand des Adels und Tarkhan ordnete die
Ermordung (779) seines Vetters Tengri Khagan an, als dieser sich
weigerte, die Soghder zu entmachten. Tarkhan nahm nun den Titel
Alp-Kutluq Bilge an. Alp-Kutluq richtete seine Politik wieder nach
China aus und ließ zahlreiche Christen ermorden. Niedergang des Großreiches 788
wurde Alp-Kutluq von China nicht mehr als Jüngerer Bruder ⇔ Söldner,
sondern als Halb/Schwiegersohn ⇔ enger Freund bezeichnet. Nach dem Tode
Alp-Kutluqs (789) verloren die Uiguren vorübergehend an politischem
Einfluss. Nachfolger wurde nun Külüg-Bilge (reg. 789/90) und bereits
790 wurde der minderjährige Bruder Kutluq-Bilge (790/95) zum Herrscher
ausgerufen. Doch lag die wahre Macht bei General Kutluq, der allerdings
als erfolglos galt: Sämtliche Feldzüge des Jahres 790 gingen für Kutluq
verloren. Doch 795 starb Külüg-Bilge ohne einen Nachfolger zu
hinterlassen. General Kutluq nahm nun den Namen Ay-Tengride Ülüg-Bulmis
Alp-Kutluq Ulugh-Bilge (reg. 795-805) an und übernahm die Macht.
Bereits 791/92 konnte er die Niederlage von 790 ausbügeln, als er
mehrere Städte im Tarimbecken von den Tibetern eroberte. Ay-Tengride
stellte die Macht des Uigurenreiches wieder her, wovon seine Nachfolger
Ay-Tengride Kut-Bulmis Külüg-Bilge (reg. 805-08) und Ay-Tengeride
Kut-Bulmis Alp-Bilge (reg. 808-21) noch lange zehren konnten. Der
Nachfolger des letzteren, Kün-Tengride Ülüg-Bulmis Alp-Küchlüg-Bilge
(reg. 821-24) baute die guten chinesisch-uigurischen Beziehungen weiter
aus, allerdings warfen die ständigen Einfälle uigurischer Horden in
China dunkle Schatten auf diese Beziehungen. China war mit seinen
Belohnungen für die Hilfsdienste der Uiguren nicht mehr so großzügig
wie einst: Ay-Tengride Kut-Bulmis Alp-Bilge (reg. 824-32) musste sich
mit der bescheidenen Erlaubnis, Pferdehandel treiben zu dürfen und mit
ein paar Ballen Seide zufriedengeben. Ende des Staatswesens Am
Ende war das Uigurenreich vollständig zerschlagen, ihre Herrscher
Kichik-Tegin (reg. 839-40) und Ughe-Tegin (reg. 840-46) wurden getötet
und die Kirgisen traten deren Erbe an. Nach dem Niedergang ihres
Reiches wurden die Uiguren durch die Kirgisen in alle Richtungen
zerstreut. Das Gros der Uiguren gründete jedoch zwei kleinere Staaten
im heutigen Xinjiang (856) und in der heutigen Provinz Gansu. Die
Uiguren wurden nun endgültig sesshaft, vermischten sich mit ihren
Nachbarn in einer Stadtkultur und lehnten eine Rückkehr in die
mongolische Steppe ab. Der Uigurenstaat in Gansu wurde 1028–36 von den
Tanguten übernommen. Der Uigurenstaat Uyghuristan im heutigen Xinjiang
(Zentrum Beschbalyk, Turfan) wurde circa 1130 von den Kara Kitai, 1209
von den Mongolen abhängig und ging im 14. Jahrhundert zugrunde.
Trotzdem strahlte ihr kultureller Einfluss (ihre Schrift, Verwaltung
und so weiter) bis zur heutigen Zeit auf die Nachbarn aus. Johannes de
Piano Carpini berichtete im 13. Jahrhundert über die Eroberung der
Uighuren durch Dschingis Khan: „Diese Menschen sind Christen von der
Sekte der Nestorianer… Die Mongal übernahmen ihre Schrift, denn vorher
hatten sie nicht geschrieben; nun aber nennen sie diese als die
mongolische Schrift“.[5] Etwa zur Mitte des 13. Jahrhunderts setzte
sich der Islam bei den Uiguren im heutigen Xinjiang durch (1252/55
Anklage und Hinrichtung des buddhistischen Herrschers Idiqut Salendi
wegen Islamfeindlichkeit). Moderne Geschichte Warlords im Kaiserreich und der Republik Mitte
des 18. Jahrhundert wurden die Uiguren von den Mandschu unterworfen,
ihr Siedlungsgebiet wurde an das Chinesische Reich angeschlossen. Der
Versuch des Kokander Warlords Jakub Beg, sich in Kaschgar bzw.
Chinesisch-Turkestan ein neues Reich zu schaffen, misslang in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sein Aufstand wurde nicht von
allen Turkvölkern unterstützt, von chinesischen Muslimen gar bekämpft
und von mandschurischen Regierungstruppen schließlich niedergeschlagen.
Mehrere Millionen Uiguren und Chinesen wurden dabei getötet. In
weiteren angeblich 42 Aufständen zwischen 1884 und 1949 sowie 58
Aufständen zwischen 1949 und 1972 sollen nochmals Hunderttausende
Uiguren und Angehörige ihnen verwandter Turkvölker ums Leben gekommen
sein. Die Region wurde als „Xinjiang“ (neues Gebiet, Neuland) zum
Grenzland zu Russland und dessen Einfluss, Uiguren und Turkvölker
bevorzugen die Bezeichnungen „Uiguristan“ und „Ost-Turkestan“. Nach
dem Untergang des Kaiserreiches und der damit verbundenen Auflösung der
Zentralgewalt übten in China ebenso wie in Chinesisch-Turkestan
regionale Warlords die Macht aus (seit 1933 Sheng Shicai). Auf deren
Fraktionskämpfe gegeneinander nahmen ab 1928 die Sowjets und 1933 auch
die Japaner Einfluss. Panturanische, islamistische und kommunistische
Versuche, in einigen (nicht allen) Provinzen der Region eine von China
autonome „Republik Uiguristan“ (nicht Ost-Turkestan) zu errichten (de
jure wurde nicht die Unabhängigkeit proklamiert), scheiterten 1933–34
ebenso wie 1944–46, da diese kurzlebigen De-facto-Regime von keinem
Staat der Welt anerkannt wurden – nicht einmal von der Türkei oder dem
Förderer Sowjetunion und auch nicht von Chinas Hauptfeind Japan.
Gleichzeitig lagen die Regime im Kampf mit von Nationalchinesen
(Kuominchun, Kuomintang) unterstützten chinesischen Muslimen. Autonomie in der Volksrepublik Nach
dem Sieg der Kommunisten im Chinesischen Bürgerkrieg wurde 1949 mit
Billigung der Sowjets auch Xinjiang der Volksrepublik friedlich
einverleibt. Mit der Einrichtung der Autonomen Region sicherte die
Volksrepublik den Uiguren weitgehende Autonomie in politischer,
kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht zu. Peking bediente sich
dabei zunächst der assimilierungswilligen Eliten Xinjiangs, die es zu
jeder Zeit der chinesischen Herrschaft gegeben hat. Es waren Muslime
aus Xinjiang, die die revolutionäre Literatur Maos und seiner Genossen
ins Arabische, Türkische und Persische übersetzten und im Ausland
verbreiten halfen. Die nachfolgende Entwicklung offenbarte jedoch
Vor- und Nachteile. Eine Bodenreform beseitigte zwar die letzten
feudalen Verhältnisse, die anschließende Kollektivierung hatte jedoch
eine Hungersnot zur Folge, der zahlreiche Uiguren ebenso wie Chinesen
zum Opfer fielen. Vor dieser Hungersnot flohen 1962 etwa 50.000
nomadische Kasachen, Kirgisen und Uiguren mit ihren Pferden in die
Sowjetunion. Auf der einen Seite brachte die kommunistische Herrschaft
die Entwicklung der Infrastruktur, des Bildungs- und Gesundheitswesen
und der Wirtschaft mit sich, Säuglingssterblichkeit und Analphabetentum
nahmen ab, der Lebensstandard stieg. Xinjiang ist heute die reichste
der armen Außenregionen Chinas und ein Zentrum der chinesischen
Rüstungsindustrie. Auf der anderen Seite gerieten jedoch Uiguren
ebenso wie Han-Chinesen und alle anderen Völker Chinas unter die
Diktatur des Kommunismus, demokratische und religiöse Gegenbewegungen
wurden streng unterdrückt, Aufstände niedergeschlagen. Bei den Unruhen
von Baren (1990) und Gulja (1997) kamen zahlreiche Demonstranten ums
Leben (In Gulja sollen 200 Uiguren getötet und 3000 verhaftet worden
sein, von ihnen sollen bis 1999 zwölf hingerichtet worden sein),
umgedreht wurden in Ayden (Yining) von den Aufständischen zahlreiche
chinesische Polizisten und Zuwanderer erschlagen. Chinesische Truppen
und die mit dem Ausbau der Infrastruktur und dem Abbau der Bodenschätze
ins Land strömenden Han-Chinesen verdrängen allmählich die Uiguren und
die verwandten Turkvölker, vom bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung
profitieren fast nur die Angehörigen des chinesischen Aufbaucorps
Bingtuan. Durch den Uranabbau, Atomversuche und fehlende Sorgfalt bei
der Industrialisierung und der Ausbeutung der Bodenschätze sind heute
weite Teile der Umwelt geschädigt. Dennoch waren die Uiguren und andere
Minderheiten im Gegensatz zu den Han-Chinesen von der Ein-Kind-Politik
ausgenommen. Außenpolitische Auswirkungen ußenpolitisch
profitierte China vor allem in den 1950er und 1960er Jahren zunächst
von den Uiguren. Unter Vorsitz des Burhan Shahidi (Bao Erhan Shaxidi,
Gouverneur Xinjiangs 1948–1955) stellten Delegationen muslimischer
Uiguren diplomatische Beziehungen zu muslimischen Staaten des Nahen
Ostens her, die China wiederum im Kampf um internationale Anerkennung
gegen Taiwan unterstützten. Demgegenüber kritisierten vor allem Uiguren
im Exil die politische und nationale Bevormundung durch China. Während
des „Kalten Krieges“ entstanden im Nato-Staat Türkei separatistische
Bewegungen gegen den einstigen Sowjet-Verbündeten China. Nach dem Bruch
zwischen China und der Sowjetunion in den 1960ern unterstützten auch
die Sowjets vorübergehend oppositionelle Gruppen von Uiguren und
Kasachen in Xinjiang, u.a. auch Shahidi, der sich seit der
Kulturrevolution mit Peking überworfen hatte. Im gleichen Maße wie das
Gefühl einer sowjetischen Bedrohung zunahm, wurde die Zahl der
chinesischen Soldaten in Xinjiang erhöht. Waren 1949 „nur“ 100.000 Mann
einmarschiert, so waren 1970 über 250.000 Soldaten der
Volksbefreiungsarmee in Nordwestchina stationiert. Mit dem Ende der
Sowjetunion bekam der nationale und religiöse Separatismus wieder
Auftrieb, im Exil entstanden mehr als ein Dutzend gemäßigte oder
radikal-nationalistische bzw. fundamentalistische Separatistengruppen
(siehe Alptekin), die zum Teil zu den Waffen griffen. Alle von
türkischen Brudervölkern der Uiguren bevölkerten zentralasiatischen
Nachfolgestaaten der UdSSR, Russland und China bekämpfen als Gruppe der
„Shanghai-Sechs“ aber derartige Tendenzen nunmehr gemeinsam.
Sicherheitsabkommen sehen die gegenseitige Auslieferung von Terroristen
und Separatisten vor. Unter Berufung auf exiluigurische
Oppositionsgruppen berichten Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty
International immer wieder von Exekutionen, die Gesellschaft für
bedrohte Völker nennt die Zahl von 700 seit 1990. Trotz der formalen
Autonomie und Religionsfreiheit wurde und wird vor allem der der
kommunistischen Ideologie feindliche Islam, dem die meisten der Uiguren
angehören, stark überwacht und ist Restriktionen ausgesetzt: so dürfen
Schüler, Beamte und generell unter Achtzehnjährige keine Moschee
besuchen. Die Regierung begründet dies mit der Befürchtung, dass sich
in den Moscheen Zentren des separatistischen/fundamentalistischen
Widerstands bilden könnten.[8] Die bekannteste Vertreterin der
uigurischen Opposition lebt heute in den USA: Die ehemalige
Volkskongressabgeordnete Rebiya Kadeer kämpft für kulturelle
Selbstbestimmung sowie für mehr politische Autonomie. Im November 2006
wurde Kadeer zur Vorsitzenden des „Weltkongresses der Uiguren“ mit Sitz
in München gewählt. Der ohne Wahl zustandegekommene Weltkongress wurde
im Jahre 2004 unter Zusammenschluss mehrerer kleinerer Organisationen
von Exil-Uiguren gegründet, beansprucht aber, legitimer Vertreter auch
der in Xinjiang lebenden Uiguren zu sein. Zwischen Separatismus und Terrorismus Im
Einklang auch mit der Wortwahl der USA deklariert China seine strenge
Politik als „Kampf gegen den Terror“. Die „Ostturkestanische
Muslimische Bewegung (ETIM)“ ist auch von der UNO und den USA auf die
Liste internationaler Terrororganisationen gesetzt worden. Im
US-Gefangenenlager Guantanamo wurden bzw. werden 22 des Terrorismus
verdächtigte Uiguren festgehalten. Nach ihrer Freilassung fand sich
weltweit zunächst kein einziger Staat bereit, sie aufzunehmen, während
die USA sie nicht an China ausliefern wollten (Schon 1997 hatte
Pakistan zwölf uigurische Extremisten aus Afghanistan an den
chinesischen Geheimdienst ausgeliefert – wohlwissend, dass diese in
China gehängt werden würden). Schließlich fanden fünf von ihnen Asyl in
Albanien, wo heute noch vier von ihnen leben, einer zog nach Schweden
weiter. Nachdem zunächst darüber verhandelt wurde, die verbleibenden 17
in Deutschland aufzunehmen[9], hat sich nun der Inselstaat Palau bereit
erklärt, die 17 Uiguren aufzunehmen.[10] In einem diesbezüglichen
Interview mit „SPIEGEL online“ bezeichnete Palaus Präsident Johnson die
um nationale Selbstbestimmung ringenden Uiguren allerdings als
„ethnische Chinesen“.[11] Im Gegensatz zu europäischen Staaten
unterhält Palau keine Beziehungen zu China, die unter der Aufnahme
leiden könnten, Palau unterhält statt dessen diplomatische Beziehungen
zu Taiwan. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die USA dem Inselstaat 200
Millionen Dollar Militärhilfe gewähren. Ein Zusammenhang zwischen der
Hilfszahlung und der Aufnahme der Uiguren wurde von beiden Seiten
dementiert. Vier Uiguren wurden am 11. Juni 2009 an die britische
Kronkolonie Bermuda überstellt.[12] Unruhen von 2009 Im
Juli 2009 kam es zu schweren Unruhen in Ürümqi. Ursprung war eine
Auseinandersetzung in einer Spielwarenfabrik in Shaoguan, nahe Hong
Kong, bei der zwei uigurische Arbeiter von Han-Chinesen erschlagen
wurden. Grund dafür war die angebliche Vergewaltigung zweier
Han-Chinesinnen durch Uiguren. Einige Tage später, am 5. Juli,
forderten Uiguren auf einer zunächst friedlichen Demonstration in
Ürümqi, die Untersuchung des Vorfalls. Die Lage eskalierte als die
Polizei die Proteste auflösen wollte[13], chinesische Quellen
berichten, dass Uiguren Jagd auf Han-Chinesen gemacht hätten.
Chinesische Fernsehbilder zeigten blutüberströmte Menschen und
brennende Fahrzeuge und Geschäfte. Laut Angaben der chinesischen
Nachrichtenagentur Xinhua wurden mindestens 197 Menschen getötet und
mehr als tausend Menschen verletzt. 1434 Personen wurden verhaftet.
Laut chinesischen Medien sollen 200 Personen, sowohl Uiguren als auch
Han-Chinesen, wegen Straftaten im Zusammenhang mit den Unruhen vor
Gericht gestellt werden. Amnesty International verlangte „vollständige
Rechenschaft“ seitens der chinesischen Regierung.[14][15] Im Anschluss
an die vorangegangene Verhaftungswelle, demonstrierten am 7. Juli 2009
erneut etwa 200 Uiguren, die sich für die Freilassung ihrer verhafteten
Angehörigen einsetzten.[16] Uigurische Exilorganisationen sowie Rebiya
Kadeer verurteilten die blutige Niederschlagung der Proteste und
forderten die internationale Gemeinschaft auf, zu handeln.[17] Im
Gegensatz zu den Unruhen in Tibet 2008 ließ die chinesische Regierung
ausländische Journalisten in die Unruheregion. ZDF-Reporter berichteten
von aufgebrachten Han-Chinesen, die ihrerseits Uiguren in Ürümqi
attackierten. Die Sicherheitskräfte versuchten die sich bekämpfenden
Ethnien zu trennen und wieder für Ruhe und Ordnung zu sorgen.[18]
Einige Tage nach Eskalation der Proteste in Ürümqi, gab die
Regionalregierung unter Provinzregierungschef Nur Bekri an, dass zu
Beginn der Unruhen zwölf uigurische Demonstranten von
Sicherheitskräften erschossen worden seien. Uigurische
Exilorganisationen gehen allerdings von einer viel höheren Opferzahl
aus - die Präsidentin des Weltkongresses der Uiguren, Rebiya Kadeer
sprach von etwa 400 Toten.[19] Mitte Oktober 2009, drei Monate nach
den Unruhen, verurteilte die chinesische Justiz im Schnellverfahren die
ersten an den Unruhen beteiligten Uiguren zum Tode, ein weiterer wurde
zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht in Ürümqi sah
es jeweils als erwiesen an, dass sich die Angeklagten des Mordes und
teilweise der Brandstiftung und des Raubes schuldig gemacht
hätten.[20][21] Im November wurden die Todesurteile gegen acht Uiguren
und einem Han-Chinesen, die wegen ihrer Beteiligung an den Unruhen
verurteilt wurden, vollstreckt und im Dezember 2009 wurden vier Uiguren
und ein Han-Chinese wegen ihrer Beteiligung an den Unruhen zum Tod
verurteilt.[22][23] Literatur
- Gudrun Wacker: Xinjiang und die VR China – Zentrifugale und zentripetale Tendenzen in Chinas Nordwest-Region. Köln 1995
- Dru C. Gladney: Dislocating China: Muslims, Minorities and Other Sub-altern Subjects. 2004 ISBN 1-85065-324-0
- Elcin
Kürsat-Ahlers: Zur frühen Staatenbildung von Steppenvölkern – Über die
Sozio- und Psychogenese der eurasischen Nomadenreiche am Beispiel der
Hsiung-Nu und Göktürken mit einem Exkurs über die Skythen.
(Sozialwissenschaftliche Schriften Heft 28). Duncker & Humblot,
Berlin 1994. 450 S.. ISBN 3-428-07761-X, ISSN 0935-4808.
- S. Frederick Starr: Xinjiang: China's Muslim Borderland. 2004 ISBN 0-7656-1318-2
- U.S. Congressional-Executive Commission on China: Ethnic Minorities in China: Tibetans and Uighurs. 2002 ISBN 0-16-068753-5
Einzelnachweise
- ↑ George B. Cressey: The 1953 Census of China. In: The Far Eastern Quarterly. 14, Nr. 3, 1955-05, S. 387-388
- ↑ Vgl. M. Weiers, Uiguren in: Abrisse zur Geschichte innerasiatischer Völker, http://www.zentralasienforschung.de
- ↑
Vgl. M. Weiers, Uiguren in: Abrisse zur Geschichte innerasiatischer
Völker, http://www.zentralasienforschung.de. Historische Texte dazu
bietet: Wolfgang-Ekkehard Scharlipp, Julius von Klaproth u.a.:
Abhandlung über die Sprache und Schrift der Uiguren.
- ↑ Quelle benötigt.
- ↑ Johannes von Plano Carpini: Kunde von den Mongolen, übers. v. F. Schmiederer, Sigmaringen 1997, S. 62.
- ↑ vgl. Flags of the World: Uighuristan (Islamic Republic of East Turkestan) mit World Statesmen (Xinjiang)
- ↑ Flags of the World: Flags in Xinjiang Uygur Autonomous Region (China)
- ↑ Rob Johnson: Pulverfass am Hindukusch – Dschihad, Erdöl und die Großmächte in Zentralasien. Theiss Verlag, Stuttgart 2008.
- ↑ Süddeutsche Zeitung vom 6. Februar 2009: Seltene Einigkeit im Stadtrat.
- ↑ Pazifikstaat nimmt Uiguren aus Guantánamo auf.
- ↑ Interview with Palau President Johnson Toribiong: Accepting Uighurs a 'Gesture of Goodwill and Humanity' (11. Juni 2009).
- ↑ US-Behörden schicken vier Uiguren auf die Bermudas Spiegel Online, 11. Juni 2009.
- ↑ http://derstandard.at/1250691003203/Peking-bereitet-nach-Xinjiang-Unruhen-Prozesse-gegen-Uiguren-vor
- ↑ Neue Proteste in Uiguren-Region Deutsche Welle, 7. Juli 2009.
- ↑ ZDF, 6. Juli 2009, China: Viele Tote bei Uiguren-Protesten
- ↑ www.zeit.de.
- ↑ www.rp-online.de.
- ↑ ZDF, 8. Juli 2009, Unruhen in Xinjiang spitzen sich zu
- ↑ Spiegel Online China räumt tödliche Polizeischüsse ein
- ↑ vgl. Peking verhängt Todesurteile nach Uiguren-Aufruhr bei derstandard.at, 12. Oktober 2009 (aufgerufen am 12. Oktober 2009)
- ↑ vgl. China verurteilt sechs Uiguren zum Tode bei zeit.de, 12. Oktober 2009 (aufgerufen am 12. Oktober 2009)
- ↑
vgl. Beteiligung an Unruhen - Fünf Uiguren zum Tod verurteilt bei
der.standard.at, 24. Dezember 2009 (aufgerufen am 25. Dezember 2009)
- ↑ vgl. Fünf weitere Todesurteile nach Unruhen in China bei abendblatt.de, 24. Dezember 2009 (aufgerufen am 25. Dezember 2009)
Text
aus Wikipedia (02.02.2010)
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