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Erstes Kapitel: Tschingis Chaans (
Dschingis Khan, Chinggis Khaan, Genghis Khan )
Vorfahren
und seine Kindheit
Info: Mongolische Kriegführung Die
mongolische Kriegführung fasste alle Elemente des Steppenkrieges in
ihrer bis dahin effektivsten Form zusammen. Mit der Ausbreitung des
mongolischen Reiches zeigte sie durchgehend eine sehr hohe
Anpassungsfähigkeit und übernahm im großen Umfang die Kriegstechnologie
der besiegten Völker. Aufstieg und Niedergang Die
entscheidendste Voraussetzung der mongolischen Kriegserfolge war die
Gesellschaftsreform, die Dschingis Khan um 1190 durchführte. Vor dieser
Reform kämpften die Mongolen nach Stammes- und Clanzugehörigkeit
getrennt. Die Führung der Truppen hatte eine Adelsschicht inne, die
stark herkunftshierarchisch gegliedert war. Die Beute wurde ohne feste
Regeln verteilt, jeder war selbst verantwortlich, wollte er etwas
erhalten. Die verschiedenen Stämme der Mongolen lagen nach dem
Niedergang des Ersten Mongolenreiches in ständigem Krieg untereinander
und es herrschten an Anomie grenzende Zustände. Primärer Zweck der
ständigen Überfälle und Kämpfe war damals das Erlangen von Beute. Mit
der Vereinigung der Stämme durch Dschingis Khan entstand nach heftigen
Kämpfen gegen die Vertreter der Adelsschicht ein straff zentralisierter
Staat. Als oberstes Kriegsziel wurde nun der vollständige Sieg über den
Feind angestrebt. Die gesamte Kriegsbeute gehörte zunächst Dschingis
Khan selbst, der sie je nach erbrachter militärischer Leistung an seine
Gefolgsleute verteilte, unabhängig von der Abstammung oder Herkunft. In
dem neu geschaffenen Staat waren anfangs Armee und Volk identisch. Die
Aufstellung der Einheiten richtete sich nicht mehr nach Stammes- oder
Clanzugehörigkeit, nur vertrauenswürdige Männer durften ihren
unmittelbaren Stammesanhang behalten. Stellung und Rang wurden
ausschließlich über militärische Leistung festgelegt, mit Ausnahme der
Familie Dschingis Khans selbst, die als einzige weiter
herkunftshierarchisch gegliedert blieb. Das System sollte die
Unabhängigkeit der Sippen und ihrer Führer (Noyon oder Bahadur) im
Kriegsfall einschränken und eine klare Schlachtordnung gewährleisten.
Zudem erleichterte es die Eingliederung neuer Truppenteile und fremder
Völker in die Nation. In dieser Zeit bedeutete demnach der Begriff
Mongolen nicht die Abstammung von einem der ursprünglichen mongolischen
Stämme, sondern die Zugehörigkeit zum mongolischen Militär, das der
mongolischen Nation entsprach. Das rasante Wachstum der mongolischen
Streitkräfte beruhte in hohem Maße auf der Gleichheit bei den
Aufstiegsmöglichkeiten, einer durch äußerst harte Disziplin
durchgesetzten Ordnung und der gerecht verteilten Beute. Jeder Mann
konnte in der mongolischen Armee eine führende Position erreichen,
einige Soldaten von sehr einfacher Herkunft wurden in der Tat zu den
besten Militärführern der Mongolen. Indessen musste diese neue
Gesellschaft bald nach der Eroberung aller Steppengebiete gegen neue
äußere Feinde ankämpfen, um das geschaffene System aufrecht zu
erhalten. Die erste entscheidende Niederlage erlitten die Mongolen in
der Schlacht von Ain Djalut am 3. September 1260 gegen die Mameluken. Der
Zerfall des Weltreiches bedeutete auch das Ende dieses Militärsystems.
Zunehmend setzte sich bei den Truppenführern erneut das
herkunftshierarchische Prinzip durch, die Einheiten wurden teilweise
wieder zu Stämmen oder wurden durch die Einheiten der unterworfenen
Völker und deren Organisationsformen ersetzt. Das mongolische Militär
verlor seine Einzigartigkeit. Es geriet wieder auf das Niveau normaler
Nomadenkriegführung oder wurde durch das neu entstandene Militär der
Teilreiche ersetzt. Aufbau und Organisation Die
Heeresreform gliederte die mongolische Armee in Zehner- (Arban),
Hundert- (Zuut oder Jagun), Tausend- (Minghan) und Zehntausendschaften
(Tumen). Diese Einheiten wurden unabhängig von der Stammeszugehörigkeit
aufgebaut, man setzte insbesondere die Minghan und Tumen möglichst
heterogen zusammen. Nur bei Gruppen und Stämmen, die schon länger oder
freiwillig im Dienste Dschingis Khans standen, ließ dieser den
Clanzusammenhang innerhalb der Jagune weiter bestehen. Die
Gesamtstreitkräfte gliederten sich in die Armee des Linken Flügels (im
Osten) namens Zuunghar, die Armee des Rechten Flügels im Westen namens
Baruunghar, und die Armee des Zentrums Khol. Letztere bestand zu einem
Großteil aus der Garde, dem Keshig. Dieser war ursprünglich eine
Tausendschaft, die in der Schlacht von Dschingis Khan selbst geführt
wurde und dann über ein Tumen hinaus erweitert wurde. Die Söhne von
Führern eines Jagun oder Minghan mussten in die Garde eintreten. Ebenso
wurden dort die Söhne von Stammesführern und Verbündeten ausgebildet
und stellten so zugleich die Zuverlässigkeit deren Truppen sicher. Die
Garde diente zugleich als eine Art Offiziersschule für die mongolische
Armee, aus der oft die Militärführer größerer Einheiten rekrutiert
wurden. In der Garde bildeten nach der Erweiterung die Tagwache
(Tunghaut) und die Nachtwache (Kabtaut) die persönlichen Truppen und
Leibwachen des Ka Khan, in der Stärke einer Tausendschaft (Minghan).
Anfänglich umfasste die Tagwache 70 Mann, die Nachtwache 80 Mann, aber
auch diese Einheiten wurden im Laufe der Zeit vergrößert. Dazu kamen
noch andere kleinere Eliteeinheiten, deren Größe und Funktion nicht
mehr klar bestimmbar sind. Diese Struktur der Streitkräfte wurde
größtenteils für die ganze Zeit des geeinten mongolischen Weltreiches
beibehalten, änderte sich aber stückweise mit der Assimilierung der
Mongolen durch die unterworfenen Völker. Dabei wurden bestimmte
Begriffe in den entstandenen Teilreichen mit einem neuen Bezug weiter
verwendet, so bezeichnete zum Beispiel der Begriff des Rechten Flügels
nicht mehr nur die im Westen stehenden Truppen, sondern die gesamte
Armee des Khanats der Goldenen Horde, die aus diesen Truppen entstand. Ausrüstung und Technologie Nur
wenige Funde von Waffen und Rüstungen konnten eindeutig als mongolisch
identifiziert werden. Dennoch gibt es inzwischen einige bedeutende
Ausgrabungen, die das Bild der historischen und schriftlichen Quellen
ergänzen. Die Mongolen übernahmen schon von Anfang an systematisch
Bewaffnung und Rüstung anderer Völker. Die wichtigste Waffe der
Mongolen war der Komposit-Reflexbogen (Nomo). Er war eine
Weiterentwicklung der schon von den Skythen und Hunnen verwendeten
Bögen, hatte jedoch etwas größere Abmessungen und war durchzugstärker.
Die mongolischen Bögen waren hinsichtlich Durchschlagskraft und
Reichweite wesentlich leistungsfähiger als die damals üblichen einfach
gekrümmten Bögen oder auch die europäischen Langbögen. Der klassische
mongolische Bogen hatte dabei eine Länge von ungefähr 120 bis 130 cm im
entspannten Zustand. Die Mongolen verwendeten aber auch von Anfang an
schon von Tungusen gefertigte Bögen, die sich von Form und Material her
unterschieden. Solche tungusischen Bögen führten nicht nur Verbündete
der Mongolen, sondern auch mongolische Truppen selbst. Üblicherweise
führte jeder Mongole mindestens einen solchen Bogen und 60 bis 90
Pfeile mit sich. Viele Kämpfer führten aber auch zwei solcher Bögen
oder sogar drei mit sich, um im Falle eines Verlusts sofort Ersatz zur
Hand zu haben. Auch die schwere mongolische Kavallerie führte
durchgehend den Bogen, welcher zum Schutz vor Feuchtigkeit in einem
Bogenköcher (Khaadak) transportiert wurde. Etwa 30 Pfeile wurden in
eigenen Taschen, den so genannten Khegenyg, transportiert. Die Hälfte
der Pfeile (Tumer Bulsuu) war dabei besonders schwer ausgeführt und mit
einer massiven oder mehrklingigen Spitze für die kürzeren Distanzen
vorgesehen. Die anderen waren leicht und auf eine hohe Reichweite hin
gefertigt. Manche mongolischen Pfeile waren damals auffallend lang,
allgemein lag die Länge jedoch um die 80 cm. Die Pfeilspitzen waren
sehr unterschiedlich geformt: massive dreiklingige Spitzen für den
allgemeinen Gebrauch in der Schlacht, bolzenartige Spitzen für das
Durchschlagen von Rüstungen und breitklingige oder mehrspitzige
Pfeilspitzen, um größtmögliche Verwundungen zu erzeugen. Funde deuten
darauf hin, dass auch Pfeilspitzen aus Knochen weiter benutzt wurden.
Vermutlich setzte man solche Pfeile zur Jagd oder gegen ungerüstete
Gegner sowie gegnerische Pferde ein. Die Befiederung der Pfeile (Ude
Khomon) war bei den mongolischen Pfeilen hochentwickelt, und
unterschiedliche Arten der Befiederung dienten zur gezielten
Beeinflussung der Flugbahn. Manche Quellen berichten, dass die Mongolen
vergiftete Pfeile verwendeten. Solche Giftpfeile (Khoron) gab es im
östlichen Steppenraum tatsächlich. Das verwendete Gift (Mogain Khoran)
wurde aus dem Gift von Vipern hergestellt. Im Gegensatz zur
europäischen Methode, beim Bogenschießen den Bogen mit drei Fingern an
der Sehne und dem Pfeil zwischen diesen Fingern auszuziehen,
verwendeten die Mongolen dafür den Daumen. Zum Schutz des Daumens wurde
dabei ein Daumenring benutzt. Mit der Ausdehnung ihres Reiches lernten
die Mongolen dann auch andere Auszugsmethoden kennen und verwendeten
verschiedene Methoden gleichzeitig, so dass die abwechselnd benutzten
Finger bei länger dauerndem Schießen nicht ermüdeten. Zusätzlich zu
den Bögen spielten Nahkampfwaffen bei den Mongolen eine große Rolle.
Sehr viele Mongolen führten Schwerter, welche fast immer einschneidig
und nur sehr wenig oder gar nicht gekrümmt waren. Bevorzugt wurden
lange säbelartige Schwerter mit einer nur gering gekrümmten schlanken
Klinge, die so genannten Khelme. Es waren aber auch schwere,
geradklingige und ebenso einschneidige Schwerter (Mese) in Gebrauch.
Die Klingen waren aus hochwertigem Material und sehr scharf
geschliffen. Bei den speziell für den Nahkampf gerüsteten Reitern waren
Äxte (Alma Khune), Streitkolben und eisenbeschlagene Keulen (Gulda) in
Gebrauch. Viele Kämpfer führten einen lanzenartigen Speer (Zhada) von 2
m bis 2,5 m Länge mit sich, der geworfen werden konnte, aber auch eine
ausreichende Länge für den Nahkampf vom Pferd hatte. Mit der Ausdehnung
des Reiches fanden dann die verschiedensten erbeuteten Nahkampfwaffen
der besiegten Völker Eingang in die mongolische Armee und allgemein
nahm die Verwendung von Streitkolben und Eisenkeulen mit der Zeit
erheblich zu. Strategie und Taktik Die Mongolen verwendeten erstmalig das Konzept der „psychologischen Kriegführung“ in vollem Umfang. Als
Nomaden trugen sie alles, was sie benötigten, mit sich zu Pferde. Sie
transportierten gleichsam den gesamten logistischen Gegenwert einer
Stadt auf dem Pferderücken. Somit waren sie flexibler als viele Armeen
ihrer Konkurrenten, die ihre Logistik an festen Städten auszurichten
hatten. Bei der Invasion eines fremden Landes marschierten die
mongolischen Armeen getrennt voneinander an mehreren Stellen in das
Land ein und sammelten sich dort zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt
weit im Hinterland des Feindes oder im Fall einer großen gegnerischen
Feldstreitmacht zur Schlacht. Dabei marschierten meist 2 bis 3 Tumen in
räumlicher Nähe zueinander, diesen folgten nach einiger Zeit und mit
Abstand weitere Tumen, die dann das Belagerungsgerät mit sich führten. In
der Feldschlacht setzten die Mongolen die verschiedensten Manöver und
Taktiken ein, die häufigste Taktik war aber ein Angriff mit Fernwaffen,
auf den ein Scheinrückzug folgte. Die Mongolen stellten sich in
Formationen auf, die häufig 5 Mann tief waren, ritten dann auf 50 m bis
100 m an den Gegner heran und überschütteten ihn mit Pfeilen. Dabei
zielten sie zuerst vor allem auf die Pferde der feindlichen Reiterei.
Einem Angriff oder Gegenstoß des Feindes folgte dann der erwähnte
Rückzug, wobei ein Teil der mongolischen Truppen um den Gegner zog und
in dessen Flanken oder Rücken fiel. Dieses Manöver nannte man Tulughma. Die
Mongolen ließen dem Gegner immer eine Fluchtmöglichkeit offen und
schlossen ihn nie vollständig ein. Damit verhinderten sie, dass der
Gegner mit dem Mut der Verzweiflung kämpfte. Der Gegner wusste nicht,
dass fliehende Gegner im Nahkampf attackiert und extrem lang und zäh
verfolgt wurden. Die Verfolgung geschlagener Gegner bis zum letzten
Mann war ein Kernaspekt der mongolischen Kriegsführung und zog sich
häufig über mehrere Tage hinweg. Da ihre Kriegführung in der
Mobilität jedem Gegner überlegen war (gegliederte leichte Kavallerie),
mussten sie nicht jeden Kampf gewinnen, konzentrierten sich jedoch auf
den Angriff auf die Ressourcen der Feinde (Nahrung, Felder, Wasser,
usw.). Anders als die Mongolen waren die Städte bewohnenden Feinde an
ihre Ressourcen gebunden. Die Städte wurden von der Nahrungsversorgung
abgeschnitten und die Bauern zur Flucht in die Städte getrieben, so
dass dort Seuchen ausbrachen. So verödeten die Städte, bevor man sie
überhaupt angriff. Manche Ruinenstädte (in Afghanistan und an der
Seidenstraße) sind bis heute verlassen. Der konzentrische Angriff war
beliebt: Städte wurden von drei Heeren von verschiedenen Seiten
angegriffen, ebenso zog man mit zwei bis drei Heeresgruppen wieder
weiter zum nächsten Ziel. Dieses Konzept stellte meistens einen
mongolischen Sieg sicher. Allerdings wurden lange Belagerungen aus
Mangel an Weideflächen und an Belagerungsgeräten gern vermieden. Die
mongolischen Heere bevorzugten einen schnellen Sturm, eine Kriegslist
oder einen Vertragsbruch. Im Falle eines Misserfolgs zogen sie weiter,
entwickelten jedoch mit der Zeit Sinn für vielfältigen technischen
Fortschritt. Chinesische Ingenieure entwickelten für sie hervorragende
Belagerungsmaschinen, aber auch westliche Belagerungsmaschinen wie das
Trebuchet mit Gegengewicht wurden in der Mongolei eingeführt. Die
Mongolen setzten Terror systematisch als psychologische Waffe ein. Mit
der sogenannten Kharasch-Taktik trieben die Angreifer eine Anzahl
unterworfener Dorfbewohner vor sich her, um sich vor Gegenangriffen zu
schützen - eine Art „lebendiger Schutzschild“. Im 14. Jahrhundert
errichteten sie Bauwerke aus Menschenknochen vor einer zerstörten Stadt
als Wahrzeichen ihres Durchzuges. Dann ließen sie einige Überlebende
entfliehen, um den Schrecken in der Umgebung zu verbreiten.
Normalerweise wurde der Oberschicht einer eroberten Stadt grundsätzlich
der Wechsel in eine neue Gegend befohlen. Bei Ablehnung wurde die
gesamte Stadtbevölkerung vertrieben oder auch massakriert (bis auf eine
Handvoll Spezialisten), Stadt und umgebende Felder wurden
niedergebrannt. Da die Mongolen viele Gebiete nicht nachhaltig
kontrollieren konnten, richteten sie immer wieder extreme Gemetzel an,
die ihre Gegner dann manchmal aus Entsetzen regelrecht lähmten. Die in
Chroniken genannten Zahlen, die bei Einzelereignissen zum Teil die
Millionenmarke überschreiten, sind zwar zu hoch angesetzt, dennoch
brachten die Mongolen sehr große Mengen von Menschen gezielt und
systematisch um. Die extrem hohen Zahlen in den Chroniken basieren
dabei auf der Propaganda der Mongolen. Auch sonst setzten die
Mongolen in ihrer Kriegführung viel auf Täuschung und List. Sie führten
zum Beispiel Puppen auf ihren Ersatzpferden mit, um den Gegner über
ihre Stärke zu täuschen, verbreiteten Gerüchte, um dem Feind den Mut zu
nehmen, und setzten in großem Umfang Spione und Agenten ein.
Die Reiterei Die
Mongolen gründeten ihre Macht anfangs fast durchweg auf leichte
Kavallerie. Diese bestand hauptsächlich aus Bogenschützen mit zwei oder
mehr Bögen zu Pferde. Beweglich und zahlreich, hatte die leichte
Kavallerie im Kampf gute Angriffs- und Rückzugsmöglichkeiten vor
feindlicher schwerer Kavallerie. Sie sorgte für einen dichten
Pfeilhagel, den man sowohl im Angriff als auch bei einer (häufig
vorgetäuschten) Flucht einsetzen konnte. Abgeschossen wurden die Pfeile
in vollem Lauf in der Schwebephase des Galopps. Zu diesem Zeitpunkt
wirken keine äußeren Kräfte auf das Bezugssystem des Schützen, wodurch
ein ruhiger und gezielter Schuss möglich wird. Die damals noch nicht
sehr verbreitete Verwendung von Steigbügeln gab den notwendigen Halt um
nicht nur nach vorne, sondern auch zur Seite und insbesondere nach
hinten zu schießen (Parthisches Manöver). Bogenschüsse auf Distanz
bis zu 300 Metern brachten schon vor dem eigentlichen Angriff Unruhe in
die feindliche Schlachtordnung und isolierten deren Truppenteile
voneinander. Zudem wurde entweder zahlenmäßige Überlegenheit oder eine
Flucht vorgetäuscht, um den Gegner in einen Hinterhalt zu locken. Nach
einem kurzen heftigen Pfeilbeschuss auf kurze Distanz überrannte nun
die schwere Reiterei mit Lanzen die Reste des Feindes, die den
Bogenschützen entkommen waren, und nahm die Verfolgung auf, um ein
Sammeln des Feindes direkt nach der Schlacht zu verhindern. Nach der
erfolgreichen Versprengung übernahm die leichte Kavallerie die weitere
Verfolgung; ein Rückzug wurde oft durch die schwere Kavallerie gedeckt. Es
wird noch diskutiert, wann und in welchem Umfang die Mongolen auch
schwere Schockkavallerie mit Pferdepanzerung einsetzten. Es gibt
zumindest einige erhaltene mongolische Pferdepanzerungen. In der
anfänglichen Struktur waren zwei Drittel der mongolischen Reiter als
berittene Bogenschützen vorgesehen, ein Drittel war aber auch gezielt
für den Nahkampf geschult und ausgerüstet. Durch die Siege und die
Ausbreitung ihres Reiches veränderte sich die Taktik der Mongolen
nachhaltig. Mit der Verwendung von Truppen der unterworfenen Völker war
die klassische Kampfweise als Leichte Kavallerie nur noch bei einem
Teil des Heeres, bei den mongolischen Kernstreitkräften und den vielen
in ihrem Dienst kämpfenden Turkvölkern vorherrschend. Militärische Kommunikation Die
Mongolen bedienten sich eines entwickelten Systems von Horn- und
Flaggensignalen, die vom Heerführer gegeben wurden, woraufhin sie ihre
Truppen auf bestimmte Positionen des Kriegsschauplatzes verschoben bzw.
zum Angriff, Rückzug oder in bestimmte Formationen übergingen. Es
wurden auch große, manchmal auf Kamelen mitgeführte Trommeln verwendet,
ebenso Licht- oder Rauchsignale. Die Mongolen hatten viele Meldereiter,
die als Kuriere die Befehle sehr schnell von einer Heereseinheit zur
anderen transportierten. Diese Reiter brachten die Befehle mündlich,
häufig in Form eines Reimes. Zusätzlich hatten Unterführer oft die
Entscheidungsverantwortung vor Ort, viele sehr schnelle
Bewegungsänderungen mongolischer Armeen basierten also nicht nur auf
überlegener Kommunikation, sondern auch auf einer frühen Form der
Auftragstaktik, in der die Untergeordneten die Gesamtziele kannten und
selbstständig zu realisieren versuchten. Ernährung Die
mongolischen Reiter ernährten sich zum großen Teil von einem
getrocknetem Fleischpulver, einer frühen Art der Instantsuppe, die im
Sattel mitgeführt wurde und nur aufgekocht werden musste. Diese sparte
viel Platz und konnte die Ernährung der Reiter für Monate
sicherstellen. Der Begriff Tatar für das fein zerkleinerte Fleisch der
Mongolen bzw. Tataren leitet sich noch heute davon ab. Europäische
Quellen gingen lange Zeit davon aus, die mongolischen Reiter würden das
Fleisch unter ihren Satteln weich reiten, tatsächlich war es aber nur
die Fladen-ähnliche Konsistenz eines Pulvers. [1] Schutz Die
mongolische Rüstung unterschied sich wesentlich von der europäischen.
Im Gegensatz zu europäischen Rittern, die Plattenpanzer (Helm,
Kettenhemd und Metallteile, die Blick und Bewegung einschränkten)
verwendeten, hüllten die Mongolen sich in Seidentücher d. h.
Stepppanzer aus vielen Lagen Rohseide und in eisenverstärkte, aus
Ringen zusammengesetzte Lederpanzer. Durch größere Bewegungsfreiheit,
Ausblick, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit gegen Waffen waren die
mongolischen Krieger im Vergleich zum Feind besser geschützt. Die
häufig in Bezug auf die Mongolen erzählte Geschichte, dass die
Seidenhemden - wenn ein Pfeil den Krieger traf - das saubere
Herausziehen des Pfeiles ermöglichten, ist jedoch eine Legende. Mit den
Seidenhemden sind die genannten Stepppanzer gemeint, in denen Pfeile
eben häufig stecken blieben, ohne die Haut überhaupt zu erreichen. Einzelnachweise
- ↑ Die Mongolen - Im Reich des Dschingis Khan. (TV-Dokumentation von Christian Twente)
Literatur
- Karlheinz Gless: Das Pferd im Militärwesen, Berlin 1980
- Burchard und Helga Brentjes: Die Heerscharen des Orients, Berlin 1991
- Johannes von Plano Carpini (übers. von F. Schmieder): Kunde von den Mongolen, Sigmaringen 1997
Text
aus Wikipedia (09.02.2010)
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