Dejan MarkovićThree Pictures and an Interview, 2015
Acryl auf Leinwand, Druck auf Papier
Größe variabel
Dejan Marković
Three Pictures and an Interview, 2015
acryl on canvas, print
Dimension variable
Für
die Ausstellung “Gastfreundschaft” lädt Dejan Markovic den mongolischen
Maler Otgonbayar Ershuu ein. Der seit 2005 in Berlin lebende und unter
dem Pseudonym OTGO
arbeitende Künstler gilt als wichtigster Vertreter der mongolischen
Kunst in Deutschland. Seinen Galeristen zufolge ist er ein kultureller
Boschafter seines Volkes, der für eine junge, globale Generation steht,
die regionale Traditionen achtet und gleichzeitig international agiert.
Seine
Maltechnik entwickle er auf langen Reisen durch die Mongolei. Neben
zahlreichen Gemäldezyklen realisierte er ca. 300 Zeichnungen über „die
Geheime Geschichte der Mongolen“, die sich augenscheinlich an der
traditionsreichen Bildsprache der mongolischen Kultur orientieren. OTGO
leitete jahrelang einen Galerieraum und das Kultur-Kunst-Zentrum „ZURAG“, das den deutsch – mongolischen Kulturaustausch förderte.
Die
Arbeit Three Pictures and an Interview stellt drei großformatige
Acrylbilder des Künstlers OTGO aus. Zu den Bildern werden
transkribierte Auszüge aus einem Interview zwischen Dejan Markovic und
dem Gastkünstler gezeigt. Das Interview belegt OTGOs Engagement und
seine langjährige Erfahrung bei der Vermittlung der vielseitigen Kultur
eines fremden Landes.
An Interview
mit OTGO
(Ausschnitt)
Dejan Marković (DM):
Als ich eingeladen wurde, in Berlin an der Ausstellung
„Gastfreundschaft“ in Rahmen eines mit „Serbinale“ betitelten Festivals
unter dem Motto „Moderne Nomaden“ teilzunehmen, habe ich sofort an Dich
gedacht! Ich hatte das Gefühl, dass es sich um ein Format handelt, das
perfekt für Dich wäre, wo Du Dich aufgrund Deiner Erfahrung bestmöglich
präsentieren könntest. Wer Dich noch nicht kennt, braucht nur die
Stichwörter „Mongolische Kunst“, oder „Mongolian Art“ im Netz
einzutippen.
OTGO (O): Ich
bin aber nicht nur ein Künstler, ich bin ein Vermittler der
mongolischen Kultur, eigentlich ein Kulturbotschafter. In einer
Multi-Kulti- Stadt wie Berlin ist zwar jede_r ein_e
Kulturbotschafter_in, aber die Künstler_innen sind davon bewusster.
Ich
bin Mongole und werde hier dementsprechend wahrgenommen. Das sehe ich
aber als Vorteil, da ich nicht einer von 80 Millionen sondern einer von
drei Millionen Menschen bin. Es ist etwas Besonderes. Dadurch kann ich
mich international positionieren und langfristig einen Platz in der
Weltkunst besetzen. Deswegen habe ich diesen Namen [Mongolian Art]
ausgewählt. Da ich mich zugleich sehr eingehend mit alten mongolischen
Kunsttechniken beschäftigt habe, gab es noch einen Grund mehr für diese
Entscheidung. Aber auf der Webseite ist nicht nur meine Kunst zu
finden, sondern alle meine kulturelle Aktivitäten.
DM:
Genau, eine weitere Parallele zu diesem Festival ist deine 2,5-jährige
Leitung eines „mongolischen Kulturzentrums“, das in einem großen
Kreuzberger Raum auf zwei Etagen betrieben wurde, oder?
O: Es war kein „mongolisches Kulturzentrum“, es war ein „Mongolei Kulturzentrum“.
DM: Worin besteht der Unterschied?
O: Kunst
gehört nicht einer Nation. Im zeitgenössischem Sinn, braucht Kunst kein
Adjektiv. Nationale Kunst ist Teil der Geschichte, deswegen hieß es
„Mongolei Kulturzentrum“. Ich habe über 20 Ausstellungen und 50
Begleitprogrammen realisiert und nur ¼ der Künstler_innen waren aus der
Mongolei. Der Raum war ein Treffpunt für mongolische und internationale
Künstler_innen. Sie sollten sich mit Thema Mongolei in
unterschiedlichen Formen auseinandersetzen.
DM:
Welchen Gewinn hast Du daraus gezogen? Bekommt man durch die Promotion
des Herkunftslandes auch bestimmte Finanzierungen oder Privilegien?
O: Je
nachdem: alle drei Jahre wechselt der Botschafter, der immer andere
Schwerpunkte hat. Es ist klar, dass Botschafter solche Initiativen
unterstützen möchten, aber sie haben nicht allzu viele Mittel dafür.
Das Geld ist letztlich nicht so wichtig: Anerkennung ist wichtiger. Die
Serbische Botschaft steht zum Beispiel für Serbien in Deutschland,
daher ist diese eine offizielle Veranstaltung. Das bedeutet weiter,
wenn die Veranstaltung durch die Botschaft sichtbar gemacht wird,
werden mehr Leute davon hören, und man bekommt sofort neue Kontakte.
Ich hatte damals nur Ausgaben, aber jetzt profitiere ich davon.
DM:
Die Mongolei ist, genau wie Serbien, kein EU Land, womit viel
Bürokratie und große Einschränkungen einhergehen. Du hast diese
Schwierigkeiten aber nie durch Deine Arbeit thematisiert. Stören Dich
diese Umstände im Alltag?
O:
Ich hatte immer viele Probleme, z.B. mit dem Visum, mit der
Arbeitserlaubnis usw., aber ich hatte darauf immer einen optimistischen
Blick: Ich habe mich entschieden, hierher zu kommen, und muss die
lokalen Regeln lernen und respektieren. Zuerst muss ich verstehen, was
die Behörden von mir erwarten. Ich bin ein „moderner Nomade“ und muss
mich mit anderen Beziehungs-, Kommunikations- und Lebensformen zurecht
finden können. Die Berliner Mongolen werden schnell wie Berliner,
Pariser Mongolen wie Pariser.
DM: Das heißt, Dich anzupassen fällt Dir nicht schwer?
O: Es
ist schwierig, aber die Mongolen sind darin sehr gut. Ein Nomade muss
anpassungsfähig sein: dafür sind die Mongolen bekannt. Die nomadischen
Züge haben sich in der mongolischen Kultur aufgrund des Klimas über
einen langen historischen Zeitraum hinweg entwickelt. Wenn die
Bevölkerung eine Lösung für die Temperaturen von -40 bis +40 finden
konnte, dann war alles andere nebensächlich, leicht zu bewältigen. Ich
habe von Anfang an immer Steuern bezahlt und nie Sozialhilfe genutzt.
In der buddhistischen Philosophie ist es wichtig, dass man positiv
denkt, dann wird man im Leben glücklich und zufrieden sein.
DM: Was hat Dich dazu bewogen, eine Teilnahme an der „Serbinale“ anzunehmen?
O: Ich
habe mich erstens dafür entschieden, weil ich Dich kenne – und,
zweitens, hört sich „Serbinale“ gut an. Es ist ein cooler Name, ein
modernes Wort, das sehr gut klingt. Zeitgenössisch.
DM: Was ist daran zeitgenössisch, wenn in dem Ausstellungsformat nur Serben ausstellen? Du wirst der einzige Ausländer sein.
O: Das
ist gut. Wenn ich meine Arbeit einmal im serbischen Kontext zeigen
kann, ist das ein gutes Vorbild. Und es ist eine Möglichkeit, mich in
einem anderen Kontext, worüber ich nicht so viel weiß, und woraus ich
nur Dich und ein paar andere kenne, vorzustellen. Ich habe im Mai
dieses Jahres in Moldawien ausgestellt und die Leute hatten großes
Interesse für meine Arbeit. Es war eine gute Erfahrung.
DM: Ja, in diesem Kontext wirst Du wirst wieder exotisch sein. Als Gast der Serben kommt ein Künstler aus der Mongolei.
O: Deine
Idee, dass du mich unter dem Schlagwort „Gastfreundschaft“ eingeladen
hast, finde ich gut. Ich war dafür sofort ganz offen.
Aber,
meiner Meinung nach, müsste die „Serbinale“ international werden. Wenn
ich diesmal teilnehme, passt es gut zum Konzept der „Gastfreundschaft“,
es ist ein erster Schritt. Aber die „Serbinale“ nur mit Künstler_innen
aus Serbien zu veranstalten kommt in Berlin nicht gut an. Die Serben
profitieren zwar davon, doch trotzdem sollte das Format international
sein. Ich habe mir die Webseite angeschaut: es sind coole und junge
Leute dabei, meiner Generation, und auch unterschiedliche Medien – wie
Musik und Filme. Das sind gute Voraussetzungen, aber heutzutage Serben
nur unter Serben zu präsentieren ist nicht vorteilhaft. Cool wäre es
zum Beispiel, eine „Serbinale“ anzubieten, doch ohne serbische
Künstler_innen. Nur die Kuratoren sollten aus Serbien kommen, dann wäre
es perfekt. Ihr müsst aus der Familie rauskommen!
DM: Das sehe ich ähnlich, deswegen habe ich den Titel wörtlich genommen und für eine Einladung genutzt.
O: Ich
habe über die „Gastfreundschaft“ nachgedacht. Ihr macht die Ausstellung
in Berlin und nicht in Serbien, dann ist das Konzept doch
widersprüchlich, oder? Wer ist hier der „Gast“? Einheimische aus
Serbien glauben wahrscheinlich, dass die Serben in Berlin zu Gast sind.
Aber sie sind keine Gäste, sie leben hier. Ein Gast zu sein, heißt
temporär und für eine kurze Zeit an einem Ort zu sein, um dann
wegzugehen. Wenn Du zwei Jahre lang hier bist, bist Du kein Gast mehr,
sondern ein_e Berliner_in. Die einzigen Gäste hier sind eigentlich die
beiden Kuratorinnen! Wenn eine serbische Kuratorin, die in Berlin
wohnt, Künstler_innen aus Serbien einladen würde, wäre es eine
Gastfreundschaft! Oder wenn die deutschen Künstler_innen nach Serbien
eingeladen würden. Das heißt, Du bist kein Gast, die Kuratorinnen sind
die Gäste!
DM: Und Du! Dann habe wir hier drei Gäste: zwei Kuratorinnen, und Dich!
Berlin, 04. September 2015
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