Seit
meiner Kindheit hab ich ein besonderes Gehör für Musik, und mein
Fernweh wurde durch Abenteurerromane wie die von Karl Mey "im wilden
Kurdistan" geweckt. Allerdings wurde ich wegen anderer, mehr greifbarer
Talente zum IT Architekten und Berater für eine große deutsche Firma.
Mein jüngster Bruder Christian verbrachte bei einer 4-monatigen Reise
nach Asien auch ein paar Wochen in der Mongolei und erzählte mir davon.
Das weckte mein Interesse, und im Jahre 2005 reiste ich mit der
Eisenbahn von Shanghai bis nach Moskau. Leider hatte ich nur einen
ganzen Tag Auffenthalt in der Mongolei, und an diesem Tag fuhr ich in
das Naturschutzgebiet Terelj. Als ich da so in dem Ger saß und die
ganzen Geräusche der Tiere um mich hörte und die Athmosphäre auf mich
wirken ließ, fühlte ich mich wie zuhause.
Ich kaufte mir einen Sprachkurs und hatte 2006 dann die Gelegehheit, 4
Wochen lang die Mongolei zu bereisen. Hier hatte ich auch meinen ersten
Kontakt mit der mongolischen volkstümlichen Musik. In Kharkhorin machte
der Musiker B.Baasandorj ein Konzert mit der Pferdekopfgeige, Yatga und
Kehlkopfgesang. Diese Musik war auch etwas, wo ich mich irgendwie
zuhause fühlte. Ich verstand zwar kein Wort, aber die Melodien und der
Rhytmus ließen mich nicht mehr los.
Es weitere Reisen, 2009 kaufte ich meine erste
Pferdekopfgeige, 2010 war ich der einzige deutsche Teilnehmer
auf dem internationalen Morin Huur Festival und war zweimal im
mongolischen Fernsehen. Im Mai 2011 hatte ich meine ersten
Pferdekopfgeigenstunden bei Bujigmaa Santaro in Paris, was in mir einen
bleibenden Eindruck hinterließ. Sie meinte, ich hätte Talent für das
Instrument und half mir weiter wenn ich mal wieder etwas ratlos beim
Lernen war.
In der Zwischenzeit hab ich die Sprache fleißig weitergelernt und bin
seit dem 11. November Student an der Soyoliin deed surguuli (Hochschule
für Kunst und Musik) und werde bis Juni 2012 Unterricht nehmen. Da mir
die ganze Musiktheorie schon geläufig ist und ich relativ gut Noten
lesen und schreiben kann, nehme ich nur praktische Stunden für die
Pferdekopfgeige und für Kehlkopfgesang.
Meine Spezialität auf der Pferdekopfgeige sind westmongolische Stücke,
auch Tatlaga genannt und der Asar Stil. Viele davon sind Tanzmusik oder
davon abgeleitete Solostücke. Diese Musik etwas in sich, was mich
magisch anzieht und so hab ich auch schon knapp zwei Dutzend gelernt.
In der Zukunft möchte ich diese Art von Musik gerne weiter verbreiten
und präsentieren.
Ich habe noch eine private Webseite:
www.brightheart.de
wo ich meine Reiseberichte untergebracht hab und auch ein paar
Informationen.
Andreas Goretzky spielt mongolische Pferdekopfgeige im Atelier ZURAG Galerie. 08.11.2011 Berlin www.zurag.de
Andreas Goretzky spielt mongolische Pferdekopfgeige im Atelier ZURAG Galerie. 08.11.2011 Berlin www.zurag.de
Beim Lernen der mongolischen Sprache habe ich auch eine Vorliebe für
mongolische Märchen entdeckt, von denen ich einige ins Deutsche
übersetzt habe. Wie z.B. das Märchen von den zwei untertrennlichen
Kameraden, auf Mongolisch Нөхөрлийн үлгэр
Das Märchen von den zwei unzertrennlichen Kameraden
Früher,
das waren noch Zeiten... hier und dort kauerte sich die ganze
Großfamilie vom Urgroßvater bis zum Säugling ums Feuer, hier und dort
hieß man den Märchenerzähler mehr als nur willkommen. Ich will euch ein
Märchen von dort erzählen. Dort ist hinter den 7 Bergen, hinter den 7
großen Flüssen, hinter 7 Seen, hinter 7 Wäldern, hinter der
großen Steppe und der großen Wüste.
Dort lebten die
Menschen einst in runden, fast Iglu-artigen Jurten und das taten sie
schon seit Urzeiten. Man reichte dem Besucher, der aus der Ferne kommt,
einen Milchtee, und schließlich verstummten alle. In der Mitte der
Jurte prasselte das Feuer und verbreitet eine wohlige Wärme. Denn
friert der Gast, dann werden die Schafe weniger, wie ein altes
mongolisches Sprichwort sagt. Nun, ich will euch zu dieser späten
Stunde das Märchen von den beiden unzertrennlichen Kameraden erzählen.
Es
war mal vor einer langen Zeit, da lebte ein Bärchen und ein Kalb
fröhlich und friedlich zusammen. Eines Tages fand das Bärchen eine
Glocke auf dem Weg und band es dem Kalb um den Hals und sprach zu ihm:
"wenn
ich mal nicht da bin und du Angst kriegst, dann läute die Glocke! Wenn
ich das Läuten der Glocke höre, dann komme und werde dich beschützen."
Eines
Tages war das Bärchen auf der Jagd, als die Glocke ertönte. Wie in
Panik rannte das Bärchen los, und als es beim Kalb angekommen war, fraß
es als ob nichts gewesen wäre, saftiges Gras.
"was war los? Ist dir etwas schlimmes passiert?"
Das
Kalb erwiderte daraufhin: "Als sich auf meiner Nase eine Bremse
niedergelassen hat, hab ich es mit der Angst zu tun gekriegt und habe
dich gerufen. Aber dann ist die Bremse weggeflogen als ich meinen Kopf
geschüttelt hab."
"Von nun an wirst du mich wegen solchen
Kleinigkeiten bitte nicht mehr rufen" sagte das Bärchen und ging wieder
jagen. Als die Glocke wieder ertönte, lief das Bärchen eiligst, fand es
das Kalb wieder seelenruhig fressend vor.
"Was war los? Warum hast du mich gerufen?"
Das Kalb daraufhin: "An meinem Kopf hat was gejuckt"
Das
Bärchen ging wieder auf die Jagd, und schon nach kurzer Zeit ertönte
die Glocke wieder. "Bestimmt sitzt diesmal eine Mücke auf seinem Kopf",
sagte sich das Bärchen und kümmerte sich nicht mehr drum.
Abends
kam das Bärchen zu ihrem gemeinsamen Wohnplatz kam, war der geliebte
Kamerad von einem Wolf gefressen worden."Wegen meiner Schuld hat mein
Freund sein Leben verloren.". Voller Reue legte sich das Bärchen auf
die Knochen seines Kameraden und starb vor Trauer.
Eines Tages
fand der Schäfer des Königs die Knochen des Bärchens und des Kalbes und
begrub sie. Zwei Jahre später wuchsen dort zwei dichte Büsche. Mit der
aufgehenden Sonne stürmten zwei hübsche Knaben aus den Büschen und
spielten den ganzen Tag. Im Abendgrauen verschwanden sie wieder, also
ob die Büsche sie verschlungen hätten.
Eines Tages bemerkte der
Schäfer des Königs die beiden Knaben und erzählte davon seiner Frau.
Die Frau erzählte es ihren Nachbarn, diese verberiteten die Geschichte
auch unter ihren Kindern und eins davon erzählte dem Prinzen davon, und
dieser erzählte es schließlich dem König.
Der König sandte einen
Trupp Soldaten aus, und er gab den Befehl, die beiden Kinder zu fangen.
Schließlich gelang es, eines von beiden zu fangen und es sprach der
Hauptmann:
"Wir müssen auch den anderen Rotzbengel fangen, denn Schlimmes wird uns widerfahren, wenn wir ihn nicht kriegen."
Schließlich
fingen sie im Abendgrauen auch das andere Kind und brachten die beiden
zum König. Dieser sprach:" Vielleicht werden diese beiden Kinder mal zu
den Helden, die unser Land retten können. Nun aber sollen sie erstmal
meine Tiere hüten".
Die beiden Jungen wurden Altankhuu und
Möngönkhuu genannt, was in unserer Sprache Goldkind und Silberkind
bedeutet. Nach zehn Jahre der harten Arbeit wuchsen sie zu zwei starken
und kräftigen Männern heran.
Eines Tages kam ein Soldat und überbrachte einen Befehl:
"Goldkind soll in den Krieg ziehen, so ist der Wille des Königs".
Wegen
dem Krieg nun zog Goldkind von dannen und mußte seinen Bruder
verlassen. Silberkind vermißte seinen Bruder sehr. Eines Tages kam zu
seinem Heim ein alter Hauptmann des Königs und überbrachte den Befehl:
"Der
König sendet dich in den Osten zum Volk der Schwarzjurten. Dort wirst
du die zehnte Tochter rauben. Der König möchte sie zu seiner Königin
machen. Der König gibt dir drei Beutel mit Silberstücken , du wirst sie
auf deinem Weg brauchen. Wenn du dem Befehl keine Folge leisten
solltest, dann wirst du bei lebendigem Leibe gesotten bis du stirbst"
"Woran erkenne ich die zehnte Tochter?" fragte Silberkind und der Hauptmann antwortete:
"Das
ist einfach. Die zehnte Tochter hat drei silberfarben glitzernde Haare
unter ihren pechschwarzen Haaren verborgen, sagt man."
Silberkind
brach nun auf, um die zehnte Tochter des Königs des Schwarzjurtenvolkes
zu finden. Nach vielen Tagen des campierens unter freiem Himmel traf er
einen armen Viehhirten und seinen Großvater.
"Großvater, wohin des Weges?"
"Ich
bin Schäfer des Königs mit dem Namen Khargis. Ein Schaf ist verrückt
geworden und weggelaufen. Wenn ich es nicht wiederfind, verliere ich
meinen Kopf geschwind, sagt er."
"Mach dir keine Sorgen mehr. Mit diesem Beutel voller Silberstücke kannst du dir eine ganze Herde Schafe kaufen."
"Mein
Held, dir sei gedankt. Hier, nimm meinen Schäferstab, er wird dir noch
von Nutzen sein." Silberkind steckte den Hirtenstab in seinen Gürtel
und ging seines Weges.
Ein paar Tage später traf einen alten Mann, der durch die Steppe humpelte und fragte ihn:
"Wohin des Weges, alter Mann?"
Daraufhin sagte der alte Mann:
"So wie es aussieht, werde ich meinen Sohn niemals wiedersehen. Ich bin von meinem
Pferd
gefallen und gehe nun zu Fuß, und zu Fuß werde ich es wohl kaum
schaffen." "Um dein Leid zu überwinden, wird dieses Säckchen voller
Silberstücke von Diensten sein. Nimm! Kauf dir einen ungestümen Hengst,
der wird dich wie der Wind hinforttragen!" Der alte Mann antwortete:
"Sei dir gedankt, mein Held. Nimm diesen Schafknochen, vielleicht wird
er dir auf deinem Weg noch von Nützen sein".
Silberkind steckte
den Schafknochen in seinen Mantel, straffte seine Schultern und ging
seines Weges. Als es bereits dunkelte, begegnet er wiederum einem alten
Mann.
Er saß in einer Senke und stockerte traurig in den Überresten eines Feuers.
"Oh
einsamer Mensch, warum entbehrst einem Dach über dem Kopf und entbehrst
der Wärme eins Herdfeuers und sitzst frierend mitten in der
Steppe?"
"Ach ich bin so arm, daß ich weder ein Heim habe, noch
habe ich einen Becher um etwas zu trinken. Das Schicksal hat es
wirklich schlecht mit mir gemeint. Wohin ich mich auch wende, das Pech
verfolgt mich."
"Mögen deine unüberlegten Worte vom Wind verweht
werden. Mit diesem Beutel voller Silberstücke kannst du dir einen
Palast als Heim kaufen." sagte Silberkind und gab ihm einen Beutel,
seinen Letzten.
Der alte Mann verneigte sich und nahm ein fast schon verglühtes Stück Kohle aus dem Feuer und gab es Silberkind.
"Nimm dies, es wird dir auf deinem Weg noch von Nutzen sein."
Silberkind
nahm das Stück Kohle und steckte es in den Brutlatz seines Mantels und
machte sich auf den Weg weiter in den Osten, tief in Gedanken
versunken. Tag und Nacht im Sattel verbringend, erreichte er
schließlich den Palast des Königs vom Schwarzjutenvolk. Er wartete den
Beginn der Nacht ab und schlich sich in den Palast. Mit einem Male
stand er vor einem riesigen Wachhund, der auch noch anfing zu bellen.
Es
erinnerte sich Silberkind an den Schafknochen und warf ihn dem Hund
hin. Der Hund hörte sofort auf zu bellen und kaute auf dem Knochen
herum.
In tiefster Dunkelheit schlich er durch den Palast
bis er schließlich in einem Schlafgemach die drei silbernen Strähnen in
den Haaren einer schlafenden, jungen Frau entdeckte.Silberkind
flüsterte ihr ins Ohr: "Ich bin gekommen um dich mitzunehmen. Mein
König will dich zur Frau nehmen."
Als er das sagte,
erwiderte das Fräulein mit dem Namen Ojuun: "Ich habe aber keine Lust,
den alten König zu heiraten. Wenn du mich von diesem Leben erretten
willst, dann will ich dir zeit meines Lebens treu an deiner Seite
verbringen."
"Nun, dann sei es so. Aber hier können wir nicht bleiben."
Daraufhin entgegegnete Ojuun:
"Laß
uns von hier schnell fliehen! Wenn mein Großvater, mein König, uns hier
findet, dann wird er uns beide hinrichten lassen!" sprach sie.
Silberkind half der jungen Frau hinter sich aufs Pferd und sie eilten in allergrößter Hast von dannen.
Schnell
wie der Wind galoppierten sie einen Tag eine Nacht dahin, aber
letztenendlich rasteten sie eine Zeit lang und fielen in einen langen
Schlaf. Als sie im Morgengrauen erwachten, sahen sie sich umzingelt von
den Soldaten des Schwarzjurtenkönigs. Silberkind verschoß sämtliche
Pfeile in Richtung der Soladten, aber diese wappneten sich mit Helmen
und Schilden und kamen bedrohlich von hinten näher. Als er seinen
letzten Pfeil verschossen hatte, schlug er vom Pferd aus mit seinem
Schwert zwanzig Krieger nieder, aber beim einundzwanzigsten Soldaten
zerbrach sein Schwert.
Ein Soldat, stark wie ein Bär, war drauf
und dran, Silberkind anzugreifen, als dieser vom Pferd sprang,
den Hirtenstab aus seinem Gürtel zog und sich damit verteidigte. Er
wirbelte herum und der Krieger fiel um wie vom Blitz erschlagen, sowie
auch alle anderen Krieger im näheren Umkreis.
Nun merkte
er, daß es nicht mit rechten Dingen zuging. Der Hirtenstab war wie
verhext! Silberkind stecke ihn wieder in seinen Gürtel, sprang aufs
Pferd, zerrte Ojuun hinter sich aufs Pferd und galoppierte davon.
Wieder
nächtigten beide, als die Kräfte des Pferdes erschöpft waren und sahen
sich am nächsten Morgen von einer noch viel größeren Streitmacht
umgeben. Silberkind biß die Zähne zusammen, denn nun sah es so aus, als
ob der König seine Enkeltochter doch zurückbekommen und Silberkind
gefangennehmen könnte.
Er streifte den nutzlosen Bogen über,
denn gestern hatte er alle Pfeile verschossen. Das Schwert war
zerbrochen, und als er den verzauberten Hirtenstab aus seinem Gürtel
nehmen wollte, stellte er fest, daß er ihn verloren hatte.
Vielleicht
hat er ihn beim Reiten verloren, sagte er sich. Er rief der
Königstochter Ojuun zu "Ich habe keine Angst vorm Sterben, aber ich
habe Angst, dich zu verlieren."
Als die Helmspitze des ersten
Angreifers sichtbar wurde, erinnerte ihn die Wärme in seinem
Mantelinneren an das Stück Kohle, das wieder zu neuer Glut
gefunden hatte. Als er die Kohle in die Hand nehmen wollte, sprühten
Funken und Silberkind hatte Angst, sich die Finger zu verbrennen und
warf die Kohle ins hochstehende und knochentrockene Steppengras.
Mit
einem Male brach ein stürmisches Feuer aus und näherte sich in rasender
Geschwindigkeit den Kriegern und verbrannte die Hälfte von ihnen. Der
anderen Hälfte glückte die Flucht und schließlich erlosch die Glut und
das Kohlestück sah wieder wie ein gewöhnliches Stück Kohle aus.
Er
steckte das Stück Kohle wieder in seinen Mantel und fand nach kurzer
Suche auch den verzauberten Hirtenstab. Sie ritten, ihrer Feinde
entledigt, von dannen bis sie am Rande eines großen Waldes eine
verlassene Jurte fanden und sich dort häuslich niederließen.
Silberkind
ging jeden Tag auf die Jagd, Ojuun bereitete das Essen aus der
Jagdbeute zu und jeder Tag war wie ein kleines Fest für die beiden.
Eines Tages sagte Silberkind zu Ojuun: "Bitte gib mir eins von deinen
drei silbernen Haaren als Andenken. Ich werde es in meinen Mantel
stecken und mit mir nehmen, wenn ich auf die Jagd gehe. Ojuun tat, wie
ihr geheißen, und Silberkind ging wie immer auf die Jagd, nun mit noch
viel mehr Freude im Herzen als vorher.
Nach dem er zwei Tage
lang stolz mit Beute von der Jagd nach hause kam, fand er in der Mitte
des dritten Tages einen großen Stein, setzte sich auf ihn und rastete.
Gedankenverloren holte er das silberne Haar aus dem Inneren seines
Mantels und betrachtete es voller Stolz.
Doch mit einem Male
wehte ein mächtiger Windstoß das goldene Haar aus seinen Händen
hinfort. Das machte Silberkind sehr traurig und er weinte eine Zeit
lang um das verlorene Haar. Voller Reue und Scham kam er zurück.
Aber
dann erinnerte er sich, daß seine Frau ja nun noch zwei weitere
silberne Haare hat, und bat sie darum, ihm eins davon zu geben. Der
Wind blies das verlorene silberne Haar weit fort, immer weiter und
immer weiter, bis es schließlich im königlichen Park des Großvaters von
Ojuun zu Boden fiel. Der König fand schließlich das Haar und wurd
plötzlich sehr sehr wütend. Er rief seinen Hauptmann herbei, welcher
vor lauter Angst schlotternd die Schimpftirade und den Befehl des
Königs entgegennahm:
"Silberkind hat mein zur Königsgemahlin
bestimmtes Enkelkind geraubt und du warst nicht in der Lage, sie
wiederzufinden. Der Wind war mir ein treuerer Diener als du es bist, er
hat mir ein silbernes Haar von meiner Tochter gebracht. Bring du nun
bis zum Ende des letzten Frühlingsmondes meine Tochter zurück, oder du
wirst bei lebendigem Leibe gehäutet."
Der Hauptmann nahm eine
Hundertschaft der besten Krieger seines Königs mit sich und machte sich
auf die Suche. Wohin er aber auch seine Streitmacht führte, er fand
Ojuun nicht. Als sich nun der Frühling seinem Ende näherte, sah er von
weitem Silberkind an der Straße sitzen, mit stolzer Miene versunken in
den Anblick eines silbernen Haares.
Einen Hinterhalt ersinnend
befahl der Hauptmann, seinen Soldaten sich im hohen Steppengras zu
verstecken und ihm unauffällig zu folgen. Er selbst verkleidete sich
als alten Mann, welcher dann scheinbar ganz alleine des Weges ging und
Silberkind ansprach.
"Oh mein mutiger Held, mögest du ein hohes
Alter erreichen. Meine Beine vermögen mich kaum noch zu tragen, kannst
du mir Ruhe und Rast gewähren?"
"Jedes müde Lebewesen soll unter
meinem Dache Obdach gewährt werden. Folge mir!" sagte er und Silberkind
nahm den verkleideten Hauptmann mit. Als sie beide in die Jurte von
Silberkind eintraten, arbeiten sich die Krieger heran und umzingelten
die Jurte.
Als er seine beiden Opfer in der Falle glaubte, rief
er durch die offene Tür: "Der König hat seinen Tod gewollt. Schießt auf
ihn!"
Ojuun warf Silberkind sein Schwert mit Scheide zu, aber
als Silberkind das Schwert aus der Scheide ziehen wollte, brach
er zusammen und blieb wie tot liegen.
Der Hauptmann sprach "Nun folge mir unverzüglich zu meinem König. Mein barmherziger Herr hat dich zur Königsgemahlin bestimmt."
Ojuun
wurde auf ein Packpferd gezerrt und zur Festung des Königs gebracht.
Währenddessen traf auch Goldkind wieder in der Festung ein, nachdem er
seine letze Schlacht erfolgreichg geschlagen hatte. Nur war sein Bruder
sang- und klanglos verschwunden, und niemand mochte ihm etwas über den
Verbleib berichten.
Schließlich machte er sich auf die Suche
nach seinem verschwundenem Kameraden.Er ritt über Felder und Wiesen,
über Berg und Tal, aber seinen Bruder fand er nicht. Wo immer er auch
frage, niemand hatte eine Nachricht hinterlassen und niemand hatte ihn
gesehen. Es war zum Verzweifeln, und schließlich ließ er sein Pferd die
Richtung und den Weg wählen.
Eines Tages blieb sein Pferd wie
angewurzelt in der Nähe eines Sees stehen und schnaubte laut und
vernehmlich. Es lief dann doch noch ein paar Schritte und blieb vor
einer verwaisten Jurte stehen. "Der Besitzer wird wohl, ohne Nachricht
hinterlassen zu haben, sein Heim verlassen haben." dachte er sich, als
er
plötzlich seinen leblosen Kameraden entdeckte.
Er stieg ab
und trat in die Jurte ein. Mit einem Male wurde es ganz eng um sein
Herz, denn er sah seinen Kameraden wie tot am Boden liegen und ein
verzweifelter Klagelaut entsprang seiner Brust. "Wie soll nun das Leben
weitergehen, wo mein über alles geliebter Kamerad tot ist?"
Als
er sich wieder etwas gefaßt hatte, sah er ein Schwert, das in einer
Scheide steckte. Er erkannte es als das Schwert seines Kameraden. Er
nahm das Schwert auf, und schwörte "Ich werde mit diesem Schwert jenen
das Leben nehmen, die meinen lieben Kameraden umgebracht haben." Als er
das sagte, setzte sich Silberkind plötzlich auf, wie aus einem tiefen
Schlaf erwacht und rief "Der König hat mir meine geliebte Ojuun
weggenommen, laß sie uns retten, wir müssen sofort aufbrechen."
"Wir werden sie zu zweit retten oder zu zweit bei dem Versuch sterben." sagte Goldkind.
Die
Pferde anspornend waren sie Tag und Nacht unterwegs, und schließlich
entdeckten sie am dritten Tag die Festung des Königs. Dort
hineinzugelangen wird wohl sehr schwer werden, und ein reißender Fluß
davor war mit Pferden nicht zu überwinden.
Sie planten, ein Floß zu bauen um sich und die Pferde hinüberzubringen.
Drei
Tage beschäft fällten sie Bäume und bauten das Floß. Als sie es zu
Wasser ließen, tauchte ein Fischmonster aus dem Fluß auf, und
verschlang das Floß mit einem einzigen Biß.
Sie beschossen das
Monster mit Pfeilen, aber die Schuppen am Körper des Fischmonsters
waren wie Stein und die Pfeile prallten davon ab. Das Monster tauchte
wieder unter, und lungerte auf weitere Beute. Es war klar, daß es
Mensch wie Tier verschlingen würde, sollte jemand auch nur einen Fuß in
den Fluß setzen wollen.
Goldkind fand im Wald eine Felsspitze.
Zusammen schafften sie den Felsen zum Fluß und warfen sie in den Rachen
des gierigen Fischmonsters. "Das Monster wird nie wieder jemanden
verschlingen können" sagten sie sich, und bauten ein zweites Floß. Nur
das Fischmonster trieb weiterhin auf dem Boden des Flusses herum und
bedrohte die beiden. Silberkind entsann sich des Kohlestückes in seinem
Mantel. Das Kohlestück funkte sofort herum, und als es in den Fluß
fiel, kochte dieser über und das Fischmonster starb.
Nachdem sie
den Fluß nun überwunden hatten, machten sie sich spät am Abend auf den
Weg zum Palast. Mit einem Male stellte sich ein neunköpfiges Monster in
den Weg. Sie zückten beide ihre Schwerter und schlugen dem Monster 2
Köpfe ab. Das Monster spuckte daraufhin Feuer aus den verbliebenen 7
Köpfen. Mit ihren Reitpeitschen zerschlugen sie weitere 4 Köpfe. Das
Monster brüllte wie von Sinnen, und der Boden erbebte.
Silberkind rief "mit meinem zerbrochenen Schwert kann ich schlecht gegen das Monster kämpfen"
Goldkind rief: "ich werde das Monster beschäftigen. Dringe du in den Palast ein und rette deine Ojuun."
Während Goldkind gegen das schreiende und tobende Monster kämpfte, machte Silberkind seine Frau ausfindig und rettete sie.
Währenddessen
ergriff das Monster Goldkind und versuchte, ihn mit den drei
verbliebenen Köpfen in Stücke zu reißen. Im allerletzten Moment kam
Silberkind zurück und als er das sah, nahm er keine Rücksicht auf
sein eigenes Leben mehr, und er nahm den verzauberten
Schäfterstab aus seinem Gürtel und mit einigen Hieben schlug er das
sonst so unbesiegbar erscheinende Monster in tausend Stücke.
Schließlich
kehrten Goldkind, Silberkind und seine Frau Ojuun zurück in ihre Jurte.
Goldkind und Silberkind standen in vielen Kämpfen Seite an Seite ohne
Furcht, um den Armen und Rechtlosen beizustehen. Nach jedem Abenteuer
kehrten sie in die Jurte am Waldesrand zu Ojuun zurück, und es
herrschte Frienden in dieser Gegend der Welt bis an ihr
Lebensende.