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Erstes
Kapitel: Tschingis
Chaans (
Dschingis Khan, Chinggis Khaan, Genghis Khan )
Vorfahren
und seine Kindheit
Info: Goldene Horde
Die
Goldene Horde (mong. Алтан Орд Altan Ord; tatarisch: Altın Urda;
russisch: Золотая Орда Solotaja Orda) ist die Bezeichnung für ein
turko-mongolisches Teilreich in Osteuropa und Westsibirien. Die
Bezeichnung leitet sich angeblich von dem Palastzelt des Heerführers ab
(ordu: Heer, türkisch; mong. Ордон, Ordon = Palast). Die spätere
Goldene Horde wurde 1236 von Batu Khan (reg. 1236–1255), einem Enkel
Dschingis Khans, als Ulus Jochi (türkisch „Volk von Khan Jochi“) oder
Khanat Kyptschak gegründet. Die Hauptstadt war bis ca. 1342 Alt-Sarai
im Wolgadelta, danach das weiter nördlich an der Wolga gelegene
Neu-Sarai (auch Berke-Sarai). Geschichte Machtzentren Die
Mongolen siedelten hauptsächlich an Wolga und Kama. Die Masse der
Bevölkerung wurde jedoch von Angehörigen türkischer Stämme gestellt,
besonders den unterworfenen Kiptschaken (daher auch Khanat Kiptschak).
Vielfach entstanden die Städte der Goldenen Horde aus Zeltstädten, die
als Kern eine feste Ansiedlung bekamen. Da die Khane seit Berke (reg.
1257–1267) die Landeigentümer und Pächter schützten, war die Grundlage
einer städtischen Kultur gegeben, auch wenn der Großteil der
Bevölkerung noch lange als Nomaden lebte. Auch die Khane selbst zogen
es vor, im Sommer in Zelten und nicht im Palast zu wohnen. Die
Zentren des Staates bildeten vom 13. bis zum 16. Jahrhundert die Städte
Sarai in Astrachan, Neu-Sarai, Bolgar, Kasan und Asow. Sie wurden von
verschleppten Handwerkern erbaut und durch russische Steuern
beziehungsweise Tribute sowie den Handel finanziert. Das Wissen dazu
wurde aus Ägypten (durch Einwanderer), aus dem einstigen Wolgabulgarien
und Turkestan (Wasserversorgung) entlehnt. Neu-Sarai hatte eine halbe
Million Einwohner und wurde 1395 von Tamerlan zerstört. Handel Die
Goldene Horde verfügte über weitreichende Handelsbeziehungen. Besonders
der Handel über die Krim nach Ägypten war ausgeprägt und kann nur noch
mit den Handelsbeziehungen zu den Italienern, hier vor allem Genua und
Venedig, verglichen werden. Des Weiteren existierte ein Handelsverkehr
auf dem Landweg über Kiew, auch entlang der Flüsse nach Norden, der
Waren nach Mitteleuropa brachte durch Kaufleute aus Breslau,
Groß-Nowgorod und Riga. Ein umfangreicher Pferdehandel existierte mit
Indien. Teilherrschaften Doch
kristallisierten sich innerhalb der sogenannten "Goldene Horde" schon
früh verschiedene Teilherrschaften heraus: Die Blaue Horde von Batu
Khans Nachkommen im Wolgaraum, sowie die Anhängerschaft der Nachkommen
Ordas und Shibanis in Sibirien (vgl. Weiße Horde, Orda-Horde). Die
Farbbezeichnungen sind aber nicht eindeutig, die Machtstellung war
recht personenbedingt, auch überschnitten sich die Einflussbereiche der
Herrscherklans von Zeit zu Zeit. Aufgrund der besonderen Stellung des
prinzlichen Emirs Noqai († 1299) bildete sich zudem später noch die
Nogaier-Horde heraus. Und da die Khane der Krim und einige andere
Fürsten auf Toqa Timur, einen weiteren Bruder Batus zurückgeführt
werden können, vermutet man auch hier mitunter eine (allerdings
unbedeutende) Teilherrschaft. Herrschaft über Russland Die
Khane der Goldene Horde beherrschten von 1238/1240 bis 1480 Russland,
was die wirtschaftliche Stellung Russlands in Europa beeinträchtigte
(„Tatarenjoch“). Die russischen Fürsten mussten sich in Sarai in ihrem
Amt bestätigen lassen, mongolische Steuer- und Tributeintreiber
unterstützen und Truppen stellen. Die Khane förderten die Aufspaltung
Russlands in bedeutungslose Fürstentümer und unternahmen deswegen
wiederholt Kriegszüge in dem Land (besonders 1259, 1281, 1293, 1317,
1327, 1382, 1408 - siehe Mongolische Invasion der Rus). Zu guter Letzt
unterstützten sie Iwan Kalita (reg. 1325-1341) von Moskau, der ihnen
eine verhältnismäßige Ruhe und damit den Tribut garantierte, aber auch
den Aufstieg Moskaus begründete. Kriegszüge nach Europa Die
Goldene Horde unter Batu Khan belagerte 1241 u.a. Krakau und Breslau
und drang in Teile Schlesiens und Niederschlesiens vor. Sie blieben bei
der Schlacht bei Wahlstatt (Schlesien) und der Schlacht bei Muhi
(Ungarn) ungeschlagen. 1242 stießen sie bis Wiener Neustadt bzw. an die
Adria (Dubrovnik) vor und fielen erneut 1259 und 1285/86 in Polen, 1262
in Ungarn, 1259 und 1275 in Litauen, sowie 1264, 1277/80 und 1285 in
die Walachei und Bulgarien ein. Militärische Überlegenheit Der
militärische Erfolg, der dazu führte, dass ihnen besonders im späten
13. und frühen 14. Jahrhundert der Ruf der Unbesiegbarkeit vorauseilte,
war begründet in einer der europäischen Heeresform des Mittelalters
überlegenen, leicht gepanzerten und sehr beweglichen Reiterei
(Kavallerie). Während das klassische Feudalheer in zwei oder mehr Teile
geteilt war, eine schwer gepanzerten und mit langen Lanzen bewaffnete
Reitereinheit, die vom Adel oder reichen Grundbesitzern gestellt wurde,
und das nicht gepanzerte und mit einfachen Waffen ausgerüstete Fußvolk
(Infanterie), war das Heer der Goldenen Horde meist vollständig
beritten und mit leichten Waffen wie Pfeil und Bogen, Speeren oder
Säbeln bewaffnet. Es war zudem taktisch geschult und (anders als die
ritterlichen Einzelkämpfer, die sich nach einem ersten Ansturm meist in
Grüppchen auflösten) in der Lage, seine Schlachtordnung zu halten.
Trotzdem waren sowohl Litauer als auch Russen schließlich in der 2.
Hälfte des 14. Jahrhunderts in der Lage, Truppen aufzustellen und
Taktiken zu entwickeln, die es mit der Kavallerie der Goldenen Horde
aufnehmen konnten. Islamisierung Eine
Minderheit der Mongolen und Tataren hatte schon im 13. Jahrhundert
zusammen mit Berke Khan und Nogai Khan den Islam angenommen. Im 14.
Jahrhundert fand unter Sultan Usbek (reg. 1312-1341/2) eine umfassende
Islamisierung der Goldenen Horde statt, was – verbunden mit einer
staatlichen Neuordnung – zu einer Blütezeit führte. Die Oberschicht
trat gleichsam auf Befehl zum Islam über, aber in der Bevölkerung
duldete man noch lange schamanistische und auch viele christliche
(Assyrische Kirche, Orthodoxe Kirche) Türken und Mongolen. Analog dazu
setzte sich unter Usbek das islamische Recht durch, man hielt sich im
14. Jahrhundert nur noch an einige wichtige Bestimmungen der Jassa.
Anders als die mongolischen Ilchane in Persien oder später Tamerlan,
erkannten die Khane der Goldenen Horde das von den Mameluken errichtete
Schatten-Kalifat der Abbasiden in Kairo formal an. Die Khane der
Goldenen Horde zeigten kein übermäßiges Interesse an staatlichen
Einrichtungen. Von Usbek Khan wird beispielsweise gesagt, dass er sich
nur im allgemeinen um die Belange seines Reiches kümmerte, mit den ihm
zufließenden Geldern zufrieden war und nicht weiter danach fragte, wie
sie eingenommen und wieder ausgegeben wurden. Heer und
Regierungsapparat waren wie auch im Ilchanat nach Funktionsbereichen
aufgeteilt, doch hatten die ranghöchsten Wesire und Emire nicht das
gleiche Bestimmungsrecht wie dort. Die Frauen der Khane hatten auch
größeren Einfluss. Ab 1346 wurde die Goldene Horde von der Großen
Pest in Mitleidenschaft gezogen (85.000 Todesopfer allein auf der
Krim), wobei sich die Tataren und Ägypter gegenseitig die Schuld
zuwiesen. Sie kam über den Handelsverkehr (vielleicht aus China, wo sie
1344 ausbrach) und hat sich – der Legende nach über genuesische
Flüchtlinge aus Kaffa – weiter nach Europa verbreitet. Konfrontation mit Litauen und Moskau Nach
1357 begann der Niedergang der Goldenen Horde durch inneren Streit:
Thronanwärter hielten sich nur ein oder zwei Jahre, mächtige Emire wie
Mamai auf der Krim schwangen sich zu den faktischen Herrschern auf.
Weite Teile des Territoriums um den Dnepr gingen an das Großfürstentum
Litauen verloren, nach der Schlacht am Blauen Wasser 1362 konnte der
litauische Großfürst Algirdas in Kiew einziehen, was ein wichtiger
symbolischer Akt war. Außerdem sah sich die Goldene Horde den von
Moskau angeführten, erstarkenden russischen Fürstentümern gegenüber.
Der Versuch Mamais, Russland mittels eines neuen großen
Plünderungszuges zu schwächen, mündete 1380 in der vollständigen
Vernichtung seines Heeres durch vereinigte russische Kräfte unter
Dmitri Donskoi in der Schlacht auf dem Kulikowo Pole. Beginn des Untergangs Die
Niederlage öffnete aber den Weg zu einer vorübergehenden erneuten
Einigung der Goldenen Horde unter Toktamisch (reg. 1380-1395). Erst
1395 wurde der Khan Toktamisch von dem mittelasiatischen Eroberer
Tamerlan besiegt, welcher sämtliche seiner Städte einschließlich
Neu-Sarai zerstörte und den Staat dadurch an den Rand des Untergangs
brachte. Allerdings erhielt das wankende Staatsgebilde durch den von
Tamerlan eingesetzten Emir Edigü († 1419) noch einmal eine gewisse
Stabilität. Edigü wies mehrere Einmischungsversuche des litauischen
Großfürsten Vytautas zurück und behauptete um 1408 die Oberherrschaft
in Russland. Nach mehreren Thronwechseln spalteten sich unter Ulug
Mehmed (reg. 1419-1438/45) das Khanat Kasan (1438/1445) und das Khanat
der Krim (1424/1449), später noch Khanat Astrachan (1466/85) ab, was
die unablässigen Machtkämpfe an der Wolga zusätzlich verkomplizierte.
Trotzdem blieb die Horde noch eine Weile gefährlich, so kam es 1445 zur
Gefangennahme des Großfürsten Wassili II. von Moskau. Erst 1480 verlor
sie unter Akhmat Khan (reg. 1465-81) die Oberherrschaft über Russland.
Das russische und das tatarische Heer standen sich mehrere Wochen lang
im Großen Gegenüberstehen an der Ugra zur Schlacht gegenüber, bevor
Akhmat Khan schließlich nahezu kampflos abzog. Er wurde kurz darauf von
Rivalen beseitigt, die sich als Khanat Sibir abspalteten. Im Jahr
1502 wurde der letzte Khan, Shaykh Ahmad (reg. 1481-1502) von Meñli I.
Giray (reg. 1467-1514), dem Khan der Krimtataren besiegt und wenig
später in Litauen hingerichtet. Nachfolgestaaten und -völker
- Khanat Kasan
- Khanat Astrachan
- Khanat der Krim
- Khanat Sibir
- Usbeken-Khanat
- Kasachen-Khanat
Literatur
- German A. Dawydow: Die Goldene Horde und ihre Vorgänger. Koehler & Amelang, Leipzig 1972.
- René Grousset: Die Steppenvölker. Attila, Dschingis Khan, Tamerlan („L'empire des steppes“). Magnus-Verlag, Essen 1975.
- Henry
H. Howorth: History of the Mongols from the 9th to the 19th Century.
Ch'en Wen Publ., Taipeh 1970 (Nachdruck der Ausgabe London 1876-1923)
- Klaus Lech (Hrsg.): Das mongolische Weltreich. Al-Umaris Darstellung der mongolischen Reiche. Harrassowitz, Wiesbaden 1968.
- Tilman Nagel: Timur der Eroberer und die islamische Welt des späten Mittelalters. Beck, München 1993, ISBN 3-406-37171-X.
- Raschid
ed Din: The successors of Genghis Khan. University Press, New York
1971, ISBN 0-231-03351-6 (übers. von John Andrew Boyle)
- Fahreddin Rizaeddin: Altın Ordu ve Kazan Hanları. İstanbul 2003
- Emanuel
Sarkisyanz: Die orientalischen Völker Russlands vor 1917. Eine
Ergänzung zur ostslawischen Geschichte Rußlands. Oldenbourg Verlag,
München 1961.
- Bertold Spuler: Die Goldene Horde. Die Mongolen in Rußland; 1223-1502. Harrassowitz, Wiesbaden 1965.
- Michael
Weiers (Hrsg.): Die Mongolen. Beiträge zu ihrer Geschichte. Kohlhammer,
Stuttgart 2004, ISBN 3-17-017206-9 (Urban-Taschenbücher; 603).
- A.Y. Yakubovski: Altın Ordu ve İntihatı. İstanbul 1955.
Text
aus Wikipedia (18.02.2010)
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