chinesischen Quellen ziemlich ausführlich. Der Schamanismus war diesen Berichten ufolge seit mehr als 2000 Jahren die vorherrschende Religion der "nördlichen Barbaren", wie die Chinesen die Nomadenvölker bezeichneten, die in den nördlichen Grenzgebieten Chinas siedelten und dort z.T. mächtige Reiche entstehen ließen: die Chiongnu (Hunnen), die Sianbi, die Juan-juan und die Kidan. Sie alle, aber auch die osttürkischen und mandschurischen Stammesverbände. kannten den Schamanismus. In der westlichen Hemisphäre ist über den Schamanismus der Mongolen relativ wenig bekannt. Einige Informationen hierzu kann man den Reiseberichten Marco Polos, Plano Carpinis und Wilhelm Rubrucks entnehmen, die zur Zeit des mongolischen Weltreichs die Mongolei aufsuchten.Die erste wissenschaftliche Publikation, die sich speziell mit dem Schamanismus beschäftigte, stammt aus dem Jahre 1846. Ihr Autor ist Dordži Banzarov(8), ein burjatischer Gelehrter. Überhaupt verdanken wir unsere Kenntnisse über den Schamanismus der Mongolen und der benachbarten sibirischen Völker vor allem russischen und burjatischen Gelehrten. Ich möchte die relativ umfangreichen und außerordentlich interessanten Sammlungen von Legenden, Erzählungen, Hymnen und epischen Gesängen jakutischer, burjatischer und tungusischer Schamanen erwähnen, die von G. K. Ksenofontov, A. A. Popov und L. Lesnaja herausgegeben wurden. Sie sind, mit einem wissenschaftlichen Kommentar versehen, von A. Friedrich und G. Budruss in deutscher Sprache herausgegeben.(9) . Zu den international viel beachteten Publikationen gehört Walther Heissigs "Die Religionen der Mongolei"(10). 1980 erschien in Novosibirsk in russischer Sprache das Buch "Aus der Geschichte des burjatischen Schamanismus"(11), die bisher umfangreichste Arbeit zu diesem Thema überhaupt. In der MVR und der Inneren Mongolei beschränkte sich die Schamanismusforschung bis in die jüngste Zeit im wesentlichen auf das Sammeln von Schamanendichtungen.(12) Die wissenschaftliche Arbeit über religiöse Themen generell wurde in der MVR dadurch erschwert, dass alles Religiöse abgelehnt und ideologisch bekämpft wurde. (Diese Hysterie ging so weit, dass namhafte Wissenschaftler wie B. Rinčen oder C. Damdinsüren seit den 30er Jahren permanent kritisiert wurden, weil sie in ihren Publikationen "religiöse" oder "feudalistische" Ausdrücke verwendeten oder sich eines "archaischen" Stils bedienten. Man wertete dies als ideologische Schwächen und machte solchen Wissenschaftlern das Leben schwer. Noch 1969 wurde ein von C. Damdinsüren und A. Luvsandendev erarbeitetes zweibändiges russisch-mongolisches Wörterbuch zurückgehalten, weil im Anhang, in einer Chronologie zur mongolischen Geschichte, der Name Čingis Chaans und seine Lebensdaten erwähnt wurden. In Handarbeit mussten aus jedem einzelnen Exemplar über 50 Seiten herausgeschnitten werden, ehe das Übel beseitigt war und die Wörterbücher dem Buchhandel übergeben werden durften. Schon diese wenigen Tatsachen zeigen, dass das Klima zur Erforschung eines so diffizilen Gegenstandes wie der schamanistischen Religion in der MVR alles andere als günstig war.)So ist es auch zu erklären, dass man Beschreibungen schamanistischer Rituale nur hin und wieder, eingebettet in literaturwissenschaftliche Arbeiten(13) oder "unverfängliche" Aufsätze zum Brauchtum der in der Mongolei lebenden nationalen Minderheiten(14),
(8) D. Banzarov: Černaja vera ili šamanstvo u mongolov (1846). In: Sobr. Soc., Moskau 1955, 48-100.
(9) Schamanengeschichten ...: a.a.O.
(10) W. Heissig: Die Religionen der Mongolei. In: G. Tucci, W. Heissig: Die Religionen Tibets und der Mongolei. Stuttgart - Berlin - Köln - Mainz, 1970.
(11) T. M. Michajlov: Iz istorii burjatskogo šamanizma. Novosibirsk 1980.
(12) B. Rinchen: Materiaux pour l'étude du chamanisme mongol. Wiesbaden 1975.
(13) C. Damdinsüren. Böögijn mörgölijn jaruu najrag. In: Mongolyn uran zochiolyn tojm I, Ulaanbaatar 1957.
(14) S. Badamchatan: Chövsgölijn darchad jastan. Studia ethnographica X. Budapest 1961.
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